Von Friedrich Barbarossa ist nicht überliefert, ob er jemals „Scheiße!“ geschrien hat. Das ist für die Geschichtswissenschaft auch nicht weiter von Bedeutung. Aber was macht ein Autor, wenn er diesen König in seiner Geschichte sprechen und auf eine schlechte Nachricht reagieren lässt? Darf der Autor Barbarossa das Wort Scheiße in den Mund legen? Darauf gibt es nur eine Antwort. Der Autor muss recherchieren, so lange recherchieren, bis er sich sicher ist, was Barbarossa möglicherweise ausgerufen hätte.
Nicht gut recherchiert zu haben, ist für jeden Autor ein schwerer Vorwurf, vielleicht sogar der schwerwiegendste. Langweilig, blasse Figuren, schlechter Stil, all das ist irgendwie Ansichts- und Geschmackssache, aber wenn einem Autor vorgehalten wird, dass er sein Thema nicht kennt, so ist das bis zu einem gewissen Grad ein Fakt, der nachgewiesen werden kann. Um dem vorzubeugen, gilt es vor jedem neuen Projekt zunächst einmal, sich einen Überblick über die vorhandenen Informationen zu verschaffen, die das Thema des Buches betreffen. Doch da geht es schon los. Wo sucht man? Auf welche Quellen kann man sicher verlassen? Und vielleicht das Wichtigste: Welche Informationen sind für das Thema relevant?
Man muss hier durchaus zunächst unterscheiden, welche Art von Text letztlich geschrieben werden soll. Eine wissenschaftliche Abhandlung unterliegt anderen Voraussetzungen als ein Zeitungsartikel
oder ein Sachbuch und hier gelten wieder völlig andere Regeln als bei einer Geschichte oder einem Roman. Da die Texte meiner Homepage sich in der Hauptsache an belletristische Autoren richten,
möchte ich die beiden ersten Kategorien nur kurz anschneiden, um das Verhältnis deutlich zu machen. Danach gehen wir ans Eingemachte.
Forschung basiert auf einer Vielzahl an bereits bestehenden Informationen, die mittels einer eigenen Fragestellung geprüft und in einen neuen Kontext eingebettet werden sollen. Als Historiker zum Beispiel stelle ich mir die Frage nach Ursachen, Wirkungen und Zusammenhängen von Ereignissen in der Vergangenheit. Um darüber verwertbare Aussagen treffen zu können, muss ich klar zwischen Wissen, Mutmaßung, Theorie geleiteter Spekulation und Nicht-Wissen unterscheiden. Was in den Quellen steht, ist für mich bindend und nicht wegzuleugnen, was andere Forscher sagen, ist mein Anknüpfungspunkt, denn mit ihnen möchte ich in einen Diskurs treten. Für diese Ziele sind umfangreiche und stetige Recherchen notwendig. Am Ende müssen alle für mein Thema relevanten Informationen berücksichtigt sein. Zwar geht einem immer mal wieder etwas durch die Lappen, doch sollte ein wissenschaftlicher Text nach besten Wissen und Gewissen alles enthalten, was es über das, oft sehr spezifische Thema zu sagen gibt. Sonst können die Leser, also die anderen Forscher, nichts damit anfangen.
Ich würde diese Texte alles in allem als informativ-unterhaltend bezeichnen. „Infotainment“ ist ja auch so ein Schlagwort. Die bloße Information ist nicht (mehr) allein das Ziel, vielmehr gilt es, einen vielleicht sogar unbedarften Leser für ein Thema zu gewinnen und ihn für eine gewisse Zeit (zwischen zwei Minuten und seinem ganzen Leben) dafür zu interessieren. Die Bandbreite der Vorinformationen, die ein Leser hat, ist dabei besonders groß, das heißt, es sollen Leser interessiert werden, die neugierig sind, ohne viel über das Thema zu wissen, ebenso wie jene, die sich schon jahrelang damit beschäftigen. Der informative Charakter ergibt sich aus fundierter Recherche, der unterhaltsame im weitesten Sinne daraus, dass der Autor eine Geschichte erzählt. Bei der Recherche kann man unter diesen Umständen schon einmal Abstriche machen.
Der Text muss nicht alle relevanten Informationen enthalten. Vielmehr geht es um eine solide recherchierte Basis und darüber hinaus um Bemerkenswertes, Besonderes, um kleine Details, die beim Leser ein Bild im Kopf evozieren. Für meine Heavy-Metal-Sachbücher habe ich über 150 Interviews geführt. Stellenweise bekam ich da das Grundwissen über die Szene oder den Ablauf einer Albumproduktion vermittelt. Die Interviews z. B. mit Götz Kühnemund, Robert Kampf, Carsten Otterbach oder Waldemar Sorychta waren für mich in dieser Hinsicht Meilensteine. Darüber hinaus war ich besonders auf der Jagd nach lustigen Anekdoten, Details, die nur diejenigen wissen können, die dabei waren. Sie geben solchen Büchern erst den richtigen Reiz.
Allein auf Basis einer Literatur- und Zeitungsrecherche ein solches Buch zu schreiben, wird keine interessante Lektüre für die Leser bereiten, denn das können sie ja alles schon nachlesen. Wer nur im stillen Kämmerlein sitzt und niemals mit Leuten spricht, wird letztlich Langeweile verbreiten. Einzige Ausnahme natürlich, wenn er selbst Teil des Geschehens ist, weswegen Musiker- und Bandbiografien ja auch häufig von den Protagonisten selbst oder langjährigen Weggefährten geschrieben werden. Das hat schon alles seinen Sinn.
Bei Geschichten sieht die Sache nun wieder ganz anders aus. Sie dienen nicht der Information sondern nur der Unterhaltung. Das heißt natürlich keineswegs, dass man für sie nicht recherchieren muss. Aber es funktioniert anders als bei den bisher erwähnten Texten. Um das näher zu erläutern, habe ich die wichtigsten Aspekte in Sätze und Fragen gegliedert, die mir (und hoffentlich auch Euch) bei der Suche nach dem richtigen Weg helfen.
Ich fände es sehr spannend, einmal eine Geschichte zu schreiben, in der die neurologische Funktion der Gehirnströme in Beziehung zu menschlicher Emotion und Wahrnehmung eine tragende Rolle spielt. Oder es könnte ein Protagonist ganze Welten von fiktiven Ereignissen programmieren, die letztlich die Wirklichkeit an Relevanz übersteigen und das Leben eines jeden bestimmen. Aber ich tue es nicht. Ich habe weder Ahnung von Neurologie noch vom Programmieren. Natürlich könnte ich mich monatelang einschließen und Bücher über die Themen wälzen. Dann würde aber dennoch keine so gute Geschichte herauskommen, wie bei jemandem, der sich wirklich damit auskennt. Denn selbst, wenn ich mir alle Informationen draufpacke, ich habe noch nie in dieser Lebenswirklichkeit gelebt, war kein Neurologe oder Programmierer und das Wissen, das man bei solchen Tätigkeiten erwirbt, kann man nun einmal in keinem Buch nachlesen. Daher bleibe ich bei meinem eigenen Erleben: Heavy Metal, die Psychiatrie, die Universität oder ein im weitesten Sinne geisteswissenschaftliches Thema. Natürlich kann es auch etwas aus meinem Alltag sein, Geschichten über meinen Wohnort, mein Umfeld, auf jeden Fall muss ich etwas von diesem Thema erlebt haben, um es richtig beschreiben zu können. Denn um das Erlebnis geht es in einer Geschichte. Daher: Wenn man zu viel recherchieren muss, arbeitet man vielleicht prinzipiell am falschen Thema.
Natürlich muss ich recherchieren, auch wenn mir ein Thema schon einigermaßen vertraut ist. Doch anders als bei der Wissenschaft und den Sachbüchern kann eine solche Recherche nicht die Basis meiner Geschichte sein. Denn das ist die Handlung. Die schwebt mir im Kopf herum und ich denke mir Figuren und deren Charakterprofil, deren Umfeld, Handlungsweisen, Bewegung und Aussehen dazu aus. Das alles muss in erster Linie zur Handlung passen. Denn eine Geschichte sollte immer etwas Besonderes erzählen, dazu habe ich mich ja schon in meinem Schreibtipp-Kapitel „Spaziergang durch den Nebel“ ausgelassen. Wenn ich zu viel recherchiere, laufe ich Gefahr, mich selbst in Details zu verlieren und den Leser damit zu langweilen. Das ist der Tod einer jeden Geschichte. Außerdem: Je detaillierter die Wiedergabe solcher Informationen ist, desto leichter schleichen sich Fehler ein und auch das erfreut besonders den kundigen Leser gar nicht.
Letztlich sollten die Details stimmen, doch Details wollen gut ausgewählt sein. Ich muss von einem Park nicht stundenlang die Bäume oder den Rasen beschreiben. Denn unter „Park“ kann sich jeder etwas vorstellen und es ist schon, der Phantasie des Lesers in dieser Hinsicht Raum zu geben. Schreibt man über einen bestimmten Park, so kann man ein spezifisches Merkmal hervorheben, das diesen Park charakterisiert. Der Leser muss nicht in allen Einzelheiten wissen, wie er aussieht. Insofern muss das auch nicht recherchiert werden. Je mehr Details, desto mehr kann falsch sein.
Tatsächlich funktioniert eine Geschichte ein wenig anders als die Wirklichkeit. Das liegt am unterschiedlichen Maß der Komplexität. Die Wirklichkeit ist verwirrend, komplex, undurchdringlich und unergründlich. Man weiß nie, wie es wirklich gewesen ist. Es gibt Anschauungen, Perspektiven, Emotionen, die alle in einem unüberschaubaren Zusammenspiel gegen- und miteinander funktionieren. Dies in einer Geschichte abzubilden ist vielleicht nicht unmöglich, aber tödlich langweilig. Dazu ist eine Geschichte auch nicht da. Der Reiz an ihr liegt mehr oder weniger in einem Zusammenspiel von Vereinfachung und Modellierung der Wirklichkeit. Sie braucht eine Ordnung und einen Sinn, beides Eigenschaften, die die Wirklichkeit abseits eines gefestigten Gottglaubens nicht hat. Daher sind recherchierte Fakten stets nur Mittel zum Zweck. Sie sollen eine Kulisse für die Erzählung bieten, doch am Ende soll der Leser das Gefühl haben, etwas zu erleben, nicht informiert oder gar belehrt zu werden.
Ich muss zugeben, dass ich selbst ziemlich kniebig bin, was Informationen angeht. Wenn ich eine Szene am 23. November in Essen spielen lasse, in der es regnen soll, so versuche ich herauszufinden, ob es an diesem Tag in Essen geregnet hat. Aber selbst wenn nicht, der Leser wird es mir verzeihen, wenn die Geschichte spannend ist. Trotzdem behalte ich das bei, denn schließlich sollte man liebgewonnene Neurosen auch pflegen.
Die Geschichtswissenschaft kennt eigentlich nur drei Interessengebiete, denen sie sich widmet: Zeit, Ort, Mensch. Diese Erfahrung hilft mir auch bei Romanen, so dass ich die für eine Geschichte wichtigen Informationen auch ZOM-relevante (Zeit-Ort-Mensch-relevante) Informationen nennen könnte. Alles, was mir hilft, der Zeit, dem Ort und dem Menschen Leben einzuhauchen, sollte ich recherchieren. Das hilft mir zunächst einmal, grobe Fehler zu vermeiden, wie z. B. meinen Protagonisten im Jahr 2003 die Türme des World Trade Centers betrachten zu lassen. Ich nutze die Recherche, um festzustellen, was er möglicherweise sehen, hören oder fühlen könnte, wenn er sich durch seine Welt bewegt. Was isst er? Was trinkt er? Wem begegnet er an Orten, an denen er sich aufhält? Solche Details können Aufschluss über das Umfeld einer Figur und damit über die Figur selbst geben.
Für allgemeine Informationen sind natürlich Bücher die erste Wahl. Ein erster Einstieg bietet auch Wikipedia, wobei hier die Fußnoten und Literaturhinweise eigentlich am Weitesten führen. Falls man sich in ein Thema so richtig reindenken muss, helfen auch oft Überblicksdarstellungen, z. B. zur Geschichte eines bestimmten Landes oder eine bestimmten Epoche.
Aber eines darf man niemals außer Acht lassen. Wo in derartigen Darstellung die Sachlichkeit vorherrscht, muss man als Geschichtenerzähler erst wieder Leben hinzugeben. Es steckt nicht drin. Das Faszinierende einer Geschichte sind subjektive Gedanken, Emotionen und Perspektiven. Die findet man nur bei Menschen selbst. Deswegen besteht meine Recherche oft darin, dass ich Menschen über bestimmte Zusammenhänge ausfrage: Eindrücke und Gefühle, sie sollten das Ziel einer jeden Recherche sein. Eine Figur sagt nicht: „Am 11. November 1989 fiel nach einem beiläufigen Kommentar von Günter Grabowskie in einer Pressekonferenz die Berliner Mauer.“ So wird man es in einem Handbuch nachlesen können. Was wir brauchen, sind die Emotionen dazu. Also warum nicht einfach jemanden fragen, der dabei war? Für eine Geschichte sind solche Informationen wichtiger.
Recherchierte Informationen sind praktisch nie die Hauptsache einer Geschichte. Das sind die Handlung und die Figuren. Man merkt es schon alleine daran, was bei Klassikern der Weltliteratur im kollektiven Gedächtnis hängen bleibt. Jules Verne hat für seine Werke unzählige wissenschaftliche Abhandlungen gelesen. Was von „20000 Meilen unter dem Meer“ erinnert wird, ist allerdings die mystische, zutiefst misanthropische Gestalt des Kapitän Nemo, nicht die Details über Unterseefahrten und Ähnliches. Noch extremer verhält sich das bei Hermann Melville und seinem „Moby Dick“. Dieser Riesenwälzer ist voll von, dem Vernehmen nach durchaus sehr zutreffenden Beschreibungen zum Leben und Arbeit auf einem Walfänger im 19. Jahrhundert. Was bleibt übrig? Kapitän Ahab und seine verbitterte Suche nach dem weißen Wal. Sogar dass er ihn nicht findet, dass also Moby Dick in „Moby Dick“ gar nicht vorkommt (genialer Kniff, wie ich finde), wissen die meisten nicht mehr. Das liegt an dem Umstand, dass für den Leser eine Geschichte mehr Erlebnis als Information ist. Deswegen sollte das Erlebnis auch immer im Vordergrund stehen: Emotion vor Information, Spannung vor Erklärung. Recherchierte Informationen sind allerdings sehr gut für die Resonanz in einer Geschichte, wie ich es in meinem Spaziergang durch den Nebel schon erläutert habe. So kann ich sagen: Wenn ich an einer Kiesgrube am Rhein stehe, welche Geschichte fände ich spannender? Wie Kies abgebaut wird oder wer den (vorgestellten) Mann umgebracht hat, dessen Leiche am Ufer liegt?
Ich bin Historiker und als solcher habe ich ein Problem. Ich kann keine historischen Romane lesen, jedenfalls die wenigsten. Die meisten Menschen, besonders Studierende meiner Schreibseminare, sind der Überzeugung, dass mir das so geht, weil ich in solchen Romanen Fehler (im weitesten Sinne) entdecke. Aber so ist es nicht. Historische Daten und Fakten zu einer bestimmten Zeit, in der eine Geschichte spielt, habe ich selbst meistens nicht so auswendig parat. Vielmehr bemerke ich in vielen kleinen Passagen ganze Haufen von Vorurteilen des Autors gegenüber der Zeit und dem Gegenstand, die aus seiner eigenen Zeit herrühren. Das ist schlecht, wenn der Erzähler zum Beispiel ein Soldat aus dem 17. Jahrhundert ist. Sofern der also im Dreißigjährigen Krieg kämpft und ein Autor mir erzählen will, dass sein Ich-Erzähler aus voller Überzeugung für seine schwedische Heimat und gegen die Unterdrückung der katholischen Kirche kämpft bin ich schon draußen. Klar, womöglich hat der Autor sein Handbuch über den Krieg gelesen. Aber er weiß deswegen noch lange nicht, wie Geschichte funktioniert. Wenn sich jener Soldat zum Beispiel als Erzähler umfangreich über die politischen Konstellationen des Krieges auslässt, so frage ich mich: Woher weiß er das? Hat das die Soldaten damals überhaupt interessiert? Der Autor weiß es aus dem Buch, das er gelesen hat, und er fühlt sich häufig bemüßigt, dem Leser umfangreich über sein angelesenes Wissen zu informieren. Aber ich lese ja diesen Roman, weil ich mir eine Geschichte darüber erhoffe, wie es war, als Soldat im Dreißigjährigen Krieg gedient zu haben. War er Söldner, Lehnsknecht oder gar Leibeigener und wie hat sich das auf seine Einstellungen aus?
Aber eine Sache sollten wir auch berücksichtigen: Nur weil eine Geschichte in der Vergangenheit spielt, muss es kein Historischer Roman sein. Carlos Ruiz Zafon wird für seine Bücher „Der Schatten des Windes“ und „Das Spiel des Engels“ auch deswegen so verehrt, weil er angeblich die Zeit der Franco-Diktatur in Spanien aufarbeitet. Davon lese ich bei ihm allerdings nicht viel und ich glaube auch nicht, dass das seine erste Intention gewesen ist. Man bekommt von den Zuständen in dieser Zeit eigentlich nicht vielmehr mit, als dass es einen bösen, alle Menschen folternden Polizeichef gibt und das Menschen sich generell ein wenig vor den staatlichen Institution in Acht nehmen mussten. Da fallen mit spontan zwanzig verschiedene Länder in zehn verschiedenen Epochen ein, bei denen das auch so war und ist. Zafon arbeitet hier nichts auf, sondern er nutzt die Umstände der Zeit geschickt, um Spannung zu erzeugen, ohne auf die historischen Geschehnisse näher einzugehen. Er verzichtet auf alle überflüssigen Details und das ist gut so.
Wer also einen historischen Roman schreiben will, muss sich in erster Linie (wie jeder Autor) mit der Perspektive seiner Figur vertraut machen. Welche Bedeutung hatten Gott und die Kirche wirklich für einen mittelalterlichen Menschen? Welche seiner persönlichen Merkmale sind besonders identitätsstiftend gewesen? Sein Geschlecht? Seine Religion? Vielleicht sein Stand oder seine wirtschaftliche Situation? Von wem hat er sich unterdrückt und verfolgt gefühlt? Von wem hat er sich Schutz erhofft? Das sind die Fragen, die aus meiner Sicht mit einer Recherche beantwortet werden sollen.
Natürlich ist auch die Sprache ein Thema. Wenn der Erzähler selbst in der Zeit der Ereignisse situiert wird, sollte man vielleicht schon einmal darauf achten, wie Menschen von damals gesprochen oder geschrieben hätten. Es geht nicht um jedes einzelne Wort, es geht darum, Ausdrücke, die mehr als offensichtlich aus dem heutigen Jargon stammen, zu vermeiden. Da hilft es, Texte aus dieser Zeit zu lesen. Also, wer in seiner Geschichte einen Erzähler einbaut, der in den 30er Jahren in Deutschland lebt, dem könnte zum Beispiel dieses Buch sehr hilfreich sein, nur so als Anregung.
Recherche ist ein wichtiger Aspekt beim Schreiben. Wissenschaftliche und journalistische Texte leben von der guten Recherche. Bei Geschichte ist das Verhältnis aus meiner Sicht ein wenig anders. Recherche ist nur ein Hilfsmittel für das eigentliche Ziel, das jeder Autor verfolgen sollte. Ein Gefühl für das ZOM seiner Geschichte zu bekommen: die Figuren, die handeln, die Orte, wo sie handeln, die Zeit, in der sie handeln. Wer als Geschichtenerzähler meint, den Leser mit recherchierten Informationen aufklären oder belehren zu müssen, wird meistens nur Langeweile verbreiten. Deswegen sollte man natürlich nicht schlecht recherchieren, aber es ist immer noch besser als einen Packen Informationen in einen Riesenklotz lebloser Sachschilderungen zu verwandeln, nur weil man sich so viel Mühe beim Recherchieren gegeben hat. Denn der Leser ist nicht dumm und er merkt schnell, wenn er nur belehrt werden soll. Und das mag fast niemand, der eine gute Geschichte lesen will.
Also denke ich mir: Keine Ahnung, ob Barbarossa "Scheiße!" geschrien hat, aber wenn Figuren, Handlung und, Zeit und Ort stimmig sind, darf er das von mir aus gerne tun.
(gepostet: 16.07.2018)