Hustlers (Filmstart: 28.11.2019)

www.filmstart.de
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Verfilmte Bücher sind häufig im Kino vorzufinden, ein verfilmter Zeitungsartikel eher selten. Aber so ist es im Falle der Regisseurin Lorene Scafaria, die einen Zeitungsartikel mit dem Titel „The Hustlers at Scores: The Ex-Strippers Who Stole From (Mostly) Rich Men and Gave to, Well, Themselves“ der Journalistin Jessica Pressler offenbar mit großem Interesse las. Auf der Geschichte, die die Ex-Stripperinnen erzählten, basiert Scafarias neuer Film „Hustlers“ mit Jennifer Lopez und Constance Wu in den Hauptrollen, der zurzeit in den USA mit reichlich Lob überschüttet wird. In dem als prüde verschrienen Land mag Sex häufiger zu Skandalen führen, warum aber ausgerechnet ein Film über Stripperinnen auch auf so viel positive Resonanz stößt, wollte ich mir dann doch ansehen.

 

Als junge Frau nahm Destiny (Constance Wu) in New York einen Job als Stripperin an, um ihre Großmutter finanziell zu unterstützen. Zunächst auf verlorenem Posten nimmt sich schließlich die „Veteranin“ Ramona (Jennifer Lopez) ihrer an und zeigt ihr, wie man im Club richtig Geld verdient. Destiny macht sich gut, verdient ordentlich, verliebt sich dann und bekommt ein Kind, weswegen sie ihren Job erst einmal dran gibt. Jahre später trifft sie wieder auf Ramona und die beiden klügeln zusammen mit ihren Kolleginnen Mercedes (Keke Palmer) und Annabelle (Lili Reinhart) ein interessantes Geschäftsmodell aus. Sie locken reiche Wall-Street-Haie in ihren Club, setzen sie unter Drogen und bedienen sich ihrer Kreditkarten. Die Männer haben genug Geld, halten außerdem dicht, um einen Skandal zu vermeiden, die Frauen verdienen: moralisch und finanziell offenbar ein absoluter Masterplan. Doch irgendwann geht halt immer etwas schief.

 

Wer Jennifer Lopez Anfang des Jahres in „Manhattan Queen“ gesehen hat, darf sich schon wundern über ihre Vielseitigkeit. Spielte sie da noch eine verschüchterte Frau Mitte 40, die dem Jugendwahn  trotzt und noch einmal eine steile Karriere hinlegt, ist ihre neue Rolle Ramona genau das Gegenteil: selbstbewusst, abgezockt und doch mütterlich zugleich. Viel Lob und einen Preis räumte sie für ihr Wirken in „Hustlers“ bereits ab, einige sprachen gar von der Rolle ihres Lebens. Aber auch Constance Wu macht ihre Sache gut, spielt Destiny in ihrem Zwiespalt zwischen Moral und Geld stets glaubwürdig. Beide zusammen tragen eine Geschichte, die an und für sich relativ simpel ist. Es geht um die moralische Degeneriertheit der reichen Wall-Street-Macher und wie sich die Frauen dieser zu ihrem Vorteil bedienen. Oft genug haben sie zuvor mitbekommen, mit was für einem nazistischen Selbstverständnis die CEOs und Starbroker in den New Yorker Bars ihr Unwesen treiben und glauben, mit Geld wirklich alles und jeden kaufen zu können. Natürlich bringt die Masche der Frauen ihnen beim Zuschauer viel Sympathie ein. Zudem sorgen sie für sich gegenseitig und ebenso für ihre Kinder, vergessen aber auch nicht, sich selbst immer mehr Luxus zu gönnen.

 

In diesem Milieu wirkt nichts an diesem Film wirklich übertrieben, sieht man vielleicht vom gelegentlichen Freundschaftspathos einmal ab. Insofern liegt seine Qualität vielleicht nicht so sehr im Endprodukt selbst, sondern darin, dass so Vieles hätte schief gehen können. Tatsächlich steht der moralische Zwiespalt der Figuren in seinen Facetten im Mittelpunkt der Erzählung, Sex, Skandale und fiese CEOs bilden lediglich die Kulisse dafür. Dass manche Filme tiefgründiger und beeindruckender sind, versteht sich fast von selbst, aber angesichts des Themas machen alle Beteiligten ihre Sache durchaus gut.

 

Somit ist „Hustlers“ vielleicht nicht der Mega-Mind-Fuck, aber immerhin eine gut erzählte und gut gespielte Geschichte, die, wie der Film selbst relativ bescheiden kund tut, auf wahren Begebenheiten aufbaut. Dank einer umsichtigen Inszenierung und guten Schauspielern gelingt es ihm, unterhaltsam und ebenso ein wenig ergreifend zu sein, gerade genug, um ein möglichst breites Publikum anzusprechen. Er skandalisiert weniger, als er könnte, und verzichtet damit auf Publicity, die ihm vielleicht Geld, aber nicht unbedingt Qualität gebracht hätte. Kann man sich in jedem Fall geben (gepostet: 4.12.2019)