Blackkklansman (Start: 23.8.2018)

Quelle: www. filmstarts.de
Quelle: www. filmstarts.de

Die Geschichte um Ron Stallworth, die sich Ende der 70er im US-Bundesstaat Colorado abgespielt hat, ist sicherlich bemerkenswert. Als erster schwarzer Polizist im Ort Colorado Springs nahm er telefonisch Kontakt mit der örtlichen Ku-Klux-Klan-Gruppe auf und infiltrierte sie mit Unterstützung eines Kollegen, der die Treffen übernahm, zu denen Stallworth aus nachvollziehbaren Gründen nicht selbst gehen konnte. Schließlich wurde er sogar Ortsgruppenvorsitzender und kam so in Kontakt mit dem „Grand Wizard“ David Duke. Laut Angaben von Stallworth hat er in dieser Zeit einige Attentate verhindert und einiges über die inneren Strukturen des Klans in Erfahrung bringen können. Lange Zeit schwieg er über die Vorgänge, bis er sie 2014 in seinem Buch „Blackkklansman“ offen legte. Dieses Buch ist nun verfilmt worden.

 

Man muss vielleicht nicht unbedingt dezidiert herausstellen, in welchen Maße der Film mit dem Buch und das Buch wiederum mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmt. Der Film erzählt im Wesentlichen die Geschichte, wie sie aus den Medien nachvollziehbar ist. Regisseur Spike Lee, einer der Begründer des „Black Cinema“ in den USA, inszeniert den jungen Stallworth, der von Denzel Washingtons Sohn John David gespielt wird, als einen aufgeweckten, pflichtbewussten und für alltäglichen Rassismus sensiblen jungen Mann. Innerhalb seines Departments ist er kein Außenseiter, vielmehr ist sein Boss ihm durchaus zugetan und seine Kollegen schätzen ihn größtenteils. Als er völlig unerwartet Antwort auf seine Mitgliedsanfrage beim KKK bekommt, springt sein Kollege Flip (Adam „Kylo Ben“ Driver, Star Wars) für ihn ein und macht seine Sache mehr als gut. Dagegen wirkt die Studentin und Black-Party-Aktivistin Patrice Dumas (Laura Harrier), in die sich Ron verliebt, geradezu verbohrt, was ihren Hass auf Weiße angeht. So kreiert Spike Lee geschickt eine Art Drei-Parteien-Konstellation: die Rassisten des Klans, die Aktivisten der Black Party und die Polizisten um Ron Stallworth, die irgendwie dazwischenstehen und relativ frei von Ideologie Gewalt verhindern wollen. Diese empfinde ich in jedem Fall schon als sehr gelungen.

 

Alle bereits erwähnten Schauspieler machen ihre Sache sehr gut. Der Humor, den ich in diesem Film vorab vermutete, ist nicht so präsent und geht meistens von dem Augenzwinkern aus, mit dem sie ihren Rollen Leben einhauchen. Weder sind Klans-Miglieder noch Black-Party-Anhänger frei von menschlichen Schwächen, muten gar in bestimmten Situationen entspannt und leutselig an, was der Handlung eine gewisse Alltagsatmosphäre und somit ein sehr schönes Maß an Authentizität beschert. Besonders gelungen empfinde ich in diesem Zusammenhang die Darstellung des großen KKK-Magiers durch Topher Grace. Er ist tatsächlich eher schüchtern, zurückhaltend, mutet gar ein wenig philosophisch an und verkörpert so eine sehr interessante Facette eines „charismatischen Führers“, wie ihn schon Max Weber beschrieben hat. Die Art wie er im Film zunehmend durch die Telefonate in Ron Stallworth einen Bruder im Geiste erkennt, hat eine tiefere Komik, die zum Schmunzeln animiert, anstatt dass man sich auf die Schenkel haut. Dabei verliert der Film niemals die angemessene Ernsthaftigkeit seines Themas und wenn gegen Ende dann doch die Tragik der Rassenkonflikte in einem realistischen Umfang gezeigt wird, so hat man nicht das Gefühl, belehrt oder agitiert worden zu sein, sondern fühlt, dass man kein Held sein muss, um sich gegen Hass und Ungerechtigkeit zu stellen. Doch das sollte man, soviel bleibt in jedem Fall hängen.

 

Spike Lee ist mit „Blackkklansman“ ein Film gelungen, der keine aktuellen Bezüge braucht, um Aufmerksamkeit und Verständnis zu erregen, obwohl er die traurigerweise hat. Der Film nutzt die Brachialität seines Themas, ohne ihr künstlich eine eigene hinzuzufügen, geht behutsam mit Menschen, ihren Ängsten, Schwächen und eben auch den daraus resultierenden Konflikten um. Die Szene, in der Harry Belafonte als Zeitzeuge Jerome Turner von dem Lynchmord an dem Afroamerikaner Jesse Washington (1916) erzählt, jagt einem Schauer über den Rücken. Mehr braucht es nicht, um zu verstehen. Der Rest ist eine großartig erzählte Geschichte, die man sich ansehen kann und die wirklich zum Nachdenken anregt. Das ist viel mehr, als ich im Vorfeld erwartet habe. (gepostet: 16.9.2018)