Dass der Kinderwunsch ein entscheidendes Moment im Leben eines Menschen ist, dürfte jedem klar sein. Viele wollen, manche nicht, manche bekommen Kinder, ohne es zu wollen, manche versuchen es, ohne dass es jemals klappt. Und es gibt Geschichten über Kinder, von denen man nichts weiß. Jim Jarnusch hat zu diesem Thema mit „Broken Flowers“ einen großartigen Film geliefert, in dem Bill Murray seine Fähigkeiten als Charakterdarsteller endlich unter Beweis stellen konnte. Mit „Nicht ohne Eltern“ liefert das französische Filmschaffen seinen Beitrag dazu. Natürlich nicht in dem ruhigen Ernst des Jarnusch-Stils, sondern es kommt als Komödie daher, dem Exportschlager Nummer 1 in punkto Kino aus Frankreich. Und da ich spätestens seit Voll verschleiert ein Fan dieses Genres bin, musste ich mir natürlich auch „Nicht ohne Eltern“ ansehen.
Ein ganz normaler Tag im Supermarkt. Der fast pensionierte Möbelhausbesitzer André Prioux (Christian Clavier) erledigt mit seiner Frau Laurence (Catherine Fot) die üblichen Einkäufe, als ihn plötzlich ein junger Mann anspricht und ihn dazu bringen will, Schoko-Flakes zu kaufen. Der Mann spricht undeutlich und wirkt aggressiv. Als André ihn zu überzeugen versucht, dass er keine Schoko-Flakes kaufen will, schnappt sich der Mann seinen Einkaufswagen und verschwindet damit. Zuhause bemerkt das Ehepaar, dass die gestohlenen Einkäufe bereits auf sie warten, ebenso wie der junge Mann, der ihnen eröffnet, er sei ihr Sohn. André ist schockiert, doch seine Frau, die schon immer ein Kind haben wollte, fasst Vertrauen zu dem seltsamen Fremden und versucht herauszufinden, was an seiner Geschichte dran ist.
Das Setting ist durchaus reizvoll: Ein geheimnisvoller Fremder, der sich als großer Einschnitt in die routinierte Beziehung eines älteren Ehepaars erweist. Als ich den Kinosaal betrat, erwartete ich natürlich jene Komponenten, die ich an französischen Komödien so mag: Witzige Dialoge, skurrile Menschen, abgedrehte Szenen und eine schöne Portion emotionalen Tiefgang. Diese Erwartungen allerdings konnte der Film nur bedingt erfüllen und ich bin mir auch jetzt noch nicht sicher, ob ich das als eine Stärke oder als eine Schwäche empfinde. Denn die Handlung bietet durchaus einiges. Die Rolle der Ehefrau, wirklich eine tolle Leistung von Catherine Fot, ist der Schlüssel zu unterschiedlichen Themen, die angeschnitten werden: Sehnsucht nach der Mutterschaft, Vertrauen in der Ehe, Träume und deren Verwirklichung. Alles findet irgendwie seinen Widerhall und ich hatte im Verlauf des Filmes mehrmals Ideen, wie es weitergehen könnte. Das Interesse verfliegt dadurch nicht.
Was vielleicht im Nachhinein ein wenig stört, ist die Kategorisierung des Films als Komödie, obwohl er einige witzige Szenen bereithält. Es wirkt zuweilen, als wäre Christian Clavier der einzige, der nicht bemerkt, dass es hier eigentlich um eine weit tiefgründigere Geschichte geht, denn er klamaukt vor sich hin, während seine Frau eine Gefühlsachterbahn fährt, die den wirklichen Reiz des Films ausmacht. Die Geschichte empfand ich im Nachhinein als großartig, feinfühlig erzählt und auch in ihrer Art zum Nachdenken anregend.
Vielleicht ist es sogar besser, nicht mit der Erwartung ins Kino zu gehen, eine Komödie zu sehen. Allein daran bemessen hat der französische Film wirklich Besseres parat. Aber abseits der Genre-Zuweisungen haben wir es hier mit einer Geschichte zu tun, die wirklich ans Herz geht, ohne jemals in Kitsch zu verfallen. Wer so etwas mag, kann mit diesem Film nichts falsch machen (gepostet: 22.6.2018)