Motherless Brooklyn (Start: 12.12.2019)

Quelle: www. filmstarts.de
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Nach langer Zeit wagte sich Edward Norton mal wieder auf den Regiestuhl. Offenbar handelt es sich bei der Verfilmung des Romans „Motherless Brooklyn“ von Jonathan Lethem um ein absolutes Herzensprojekt des Schauspielers. Denn er führte nicht nur Regie, sondern schrieb ebenso das Skript und fungierte auch als Produzent. Ich sehe ihn gerne, auch wegen seiner deutschen Synchronstimme, die von Andreas Fröhlich stammt. Und mit Fight Club hat er sich ohnehin auf ewig in mein Gedächtnis gespielt, da es wiederum auf einem Roman eines meiner absoluten Lieblingsautoren, Chuck Palahniuk, basiert. Also nutzte ich die Gelegenheit, eine der letzten Vorstellungen dieses Films am ersten Tag des Jahres 2020 um 23:15 Uhr zu besuchen.

 

Der Film spielt in den 1950er Jahren. Lionel Essrog (Edward Norton) ist in einer kleinen Privatdetektei in Brooklyn angestellt. Er leidet am Tourette-Syndrom, was ihm schon als Kind im Waisenhaus Probleme gemacht hat. Sein jetziger Chef Frank Minna (Bruce Willis) hat ihn dort rausgeholt und ist eine Art Vater für ihn seitdem. Bei einem riskanten Geschäft mit der New Yorker Immobilien-Mafia muss Lionel mit ansehen, wie sein Chef erschossen wird. So setzt er alles daran, die Mörder zu finden und gerät dabei sowohl in die Tiefen der Afro-amerikanischen Szene als auch in die höchsten Kreise der Administration.

 

Ich hoffe, dass Norton viel Spaß an diesem Film hatte, denn offenbar war er an den Kinokassen eher ein Misserfolg. Dabei tauchen neben den beiden genannten mit Alec Baldwin und William Dafoe durchaus noch weitere namhafte Schauspieler auf. Auch ist der Film alles andere als billig oder gedankenlos gemacht. Dennoch kann ich die Zurückhaltung der Zuschauer irgendwie verstehen. Es liegt nicht unbedingt an der Umsetzung, sondern mehr am Ergebnis, dass „Motherless Brooklyn“ zwar schön anzuschauen ist, aber doch irgendwie nicht richtig zündet.

 

Positiv hervorzuheben ist die Atmosphäre des Films. Fast schon künstlerisch mit ordentlicher Kameraführung und atmosphärischer Musik wird der Zuschauer in die Welt eingeführt. Auch später, besonders in den Szenen in einem Jazz-Club gibt es durchaus sehr einprägsame und schöne Szenen, die gerade zur späten Uhrzeit im Kinosaal eine besondere Stimmung erzeugen. Edward Norton spielt den Tourette geplagten Detektiv mit sehr viel Liebe und Hingabe, tragisch und manchmal auch komisch zugleich, auch hier gibt es nicht viel zu meckern. Ebenso wenig ist bei den übrigen Schauspielern ein nennenswerter Ausfall zu verzeichnen. Von diesen Seiten ist der Film wirklich gut.

 

Ein Problem für mich ist die Länge. Mit 142 Minuten wird dem Zuschauer eine Menge Sitzfleisch abverlangt. Dies wird umso wichtiger hinsichtlich des anderen, gewichtigeren Problems: Die Story ist einfach nicht unbedingt sehr spannend und hat aus meiner Sicht auch einige dramaturgische Schwächen. Hat man am Anfang noch den Eindruck, einen wirklichen Thriller zu sehen, so verliert sich die Handlung mehr und mehr in Kleinigkeiten, um am Ende mit einem Geheimnis als Lösung aufzuwarten, das im Vergleich dazu nicht sehr spektakulär anmutet. Ich kann dabei natürlich nicht den Roman als solchen kritisieren, aber ein wenig mehr Spektakel hätte die Umsetzung dennoch verdient und vielleicht sogar nötig gehabt. Möglicherweise mochte Norton das Buch insgesamt ein wenig zu sehr, um wirklich einen guten Film daraus zu machen.

 

So ist „Motherless Brooklyn“ für mich ein Liebhaberstück. Wer Jazz mag, die Atmosphäre der 50er Jahre in New York anziehend und ebenso die Hauptfigur interessant findet, kann dem Film durchaus eine Chance geben. Auch Cineasten mit Liebe zu filmtechnischen Details könnten ihm etwas abgewinnen. Für alle anderen, besonders Adrenalin-Junkies, ist er eine weniger gute Wahl. Ich hoffe nur, dass Norton mit diesem Stück kein Verlustgeschäft macht. Das hat so ein ambitioniertes und leidenschaftliches Projekt dann doch nicht verdient. (gepostet: 4.1.2020)