Birds of Prey - The Emancipation of Harley Quinn (Filmstart: 6.2.2020)

Der zweite DC-Film innerhalb eines halben Jahres lässt auf eine erhöhte Taktfrequenz schließen, die der Comic-Gigant nun anschlagen will. Zwar liegt er quantitativ gegenüber der Marvel-Konkurrenz noch klar im Hintertreffen, qualitativ allerdings hatte er unter dem Strich die Nase vorn. Joker war mit Sicherheit ein großes Ereignis im letzten Jahr, das ähnliches Aufsehen erregt hat wie „Avengers: Endgame“ und mit Sicherheit mehr als alle anderen Marvels. Zurecht, großartiger Film, fast schon ein Arthouse-Drama und in dieser Hinsicht sicherlich umso besonderer. Als wenn DC sich für die dramatische Ernsthaftigkeit entschuldigen wollte, ist nun der Film mit dem ellenlangen Titel „Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn“ in den Kinos angelaufen. Schrill, bunt, fast ein wenig anarchisch kam der Trailer des Films um die legendäre Freundin des Jokers daher und so wollte ich mir die Vorpremiere am Mittwoch natürlich nicht entgehen lassen.

 

Dr. Harleen Quinzel (Margot Robbie) ist ursprünglich die Psychiaterin des Jokers in Arkham gewesen, hat sich aber dann an seine Fersen geheftet und wurde schließlich seine Freundin. Als Harley Quinn war sie an vielen Verbrechen des Jokers beteiligt, bei manchen sogar federführend. In Gotham City galt sie zudem als nahezu unangreifbar. Niemand wollte sich mit ihr anlegen, weil das bedeutete, sich mit dem Joker anzulegen. Aber wie so manches Glück endete auch die Beziehung zwischen Harley und Joker und die schrille Clown-Queen muss nun zusehen, wie sie sich ohne Schützenhilfe durch die Unterwelt von Gotham schlägt. Und das ist gar nicht so einfach, denn viele haben mir ihr eine Rechnung offen. Ein besonderes Verhältnis hat sich zu dem Gangsterboss Roman Sionis alias Black Mask (Ewan McGregor). Als ihm von einem jungen Mädchen ein wertvoller Diamant gestohlen wird, nimmt Harley die Kleine unter ihre Fittiche und gerät damit in nur noch größere Schwierigkeiten.

 

Es ist wirklich ein wunderbarer Kontrast zum finster-nachdenklichen Joker, was uns DC hier serviert. Die SuperAntiHeldin Harley Quinn ist von der ersten bis zur letzten Minute ein Quell schöner Unterhaltung. Zu Beginn erzählt sie einige Geschichten über sich und ihre Welt, teilweise im Comic-Stil wiedergegeben, teilweise bricht sie die Chronologie der Ereignisse, spult zurück, durchbricht auch ab und zu die vierte Mauer. All das mag ein wenig an Deadpool erinnern, nur dass damit hier nicht so schonungslos übertrieben wird. Dabei ist Harley mit ihrer schönen Mischung aus kampflustigem Teufelsweib und spaßsüchtigem Glitzermädchen einfach nur mächtig unterhaltsam. Ob sie ihr Lieblingseisandwich bei einer Verfolgung mit ihrem Leben verteidigt oder auch, während sie gejagt wird, einfach mal stehen bleibt, weil sie eine Tasche mit Glitzer auf dem Trödelmarkt sieht, ist einerlei. Was sie macht bedeutet fast immer Verzweiflung für Freund und Feind, und Spaß für den Zuschauer. Man versteht schon, was der Joker an ihr fand, nur dass seine narzistische Persönlichkeit wohl nicht dauerhaft eine solche Frau neben sich ertragen konnte. Aber auch die Nebenfiguren spielen Harley gut zu, setzen selbst Akzente, wie der Gangsterboss oder auch seine „Chaufeurin“ Dinah Lace alias Black Canary. Die "Birds of Prey" allerdings, was einige kritisieren, spielen nur eine untergeordnete Rolle, aber das tut dem Spaß für den einfachen Zuschauer aus meiner Sicht keinen Abbruch.

 

Diese schrille Mischung darf dann auch gerne darüber hinwegtäuschen, dass wir es hier nicht mit der originellsten, ausgefeiltesten Story aller Zeiten zu tun haben. Die Handlung ist recht typisch für das Genre, das sich Action-Komödie nennen darf, ohne tatsächlich das Niveau einer Satire zu erreichen, was ich sehr angenehm finde. Auch in dieser Hinsicht ist der Harley-Quinn-Film ein Kontrastprogramm zum Joker.

 

„Birds of Prey“ ist somit nicht mehr und nicht weniger als knapp zwei Stunden unverfälschter Kinospaß, der jeden Euro wert ist. Die in „Suicide Squad“ noch als Teil einer Gruppe agierende Harley emanzipiert sich tatsächlich nicht nur vom Joker, sondern auch von anderen Figuren des DC-Universums und hat mit ihrer Exzentrik glatt das Zeug zur Stilikone. Man sieht den Film und will sofort den nächsten, den es hoffentlich bald geben wird. (gepostet: 6.2.2020)