Alles Geld der Welt (Filmstart: 15.2.2018)

Die Länge des seit Monaten gezeigten Trailers zu „Alles Geld der Welt“ lag an der Grenze des Erträglichen. Es wurden Andeutungen gemacht, dass der Film hoch brisante Themenfelder wie politische Macht, Terrorismus und weltweite Verschwörungen zum Thema hatte. Sogar der Begriff „Skandalfilm“ fiel explizit, was allerdings an der durch die bekannt gewordenen Missbrauchsfälle um den ursprünglich für die Rolle des J. Paul Getty gecasteten Kevin Spacey lag, der, nachdem bereits alle Dreharbeiten abgeschlossen waren, noch durch Christopher Plummer ersetzt wurde. Viel künstlich aufgewirbelter Staub also um einen Film, der eigentlich die Entführung des Milliardärsenkels John Paul Getty III. aus dem Jahr 1973 zum Thema hatte.

 

Es ist wohl das berühmteste Ohr seit jenem Vincent van Goghs, das auch die Filmplakate ziert: John Paul Getty III. wurde 1973 von der italienische Mafia-Organisation ‘Nhrangheta entführt und fünf Monate unter widrigsten Umständen gefangen gehalten. 17 Millionen Dollar Lösegeld wurden von seinem Großvater, dem Ölmagnaten J. Paul Getty, verlangt. Der aber weigerte sich zu zahlen. Als schließlich eben jenes abgeschnittene Ohr einer italienischen Zeitung per Post zugestellt wurde, willigte der Milliardär ein. Einen Teil des Lösegeldes ließ er sich allerdings von seinem Enkel zurückzahlen, inklusive Verzinsung.

 

Soviel in aller Kürze zu den erfahrbaren Fakten, auf denen der Film basiert. Angesichts dessen ist der Trailer tatsächlich eine Farce, der aus den einzelnen Ausschnitten des Films einen Inhalt konstruiert, den man im Film einfach nicht wiederfindet. Zum Glück, denn eigentlich haben wir es hier mit einer durchaus sensiblen Umsetzung der Ereignisse zu tun. Das Skript hat wohl das Mitte der 90er erschienene Buch „Painfully Rich“ als Grundlage, in dem dieser Fall aufgearbeitet wird. Diese, aus dem Wikipedia-Artikel zu diesem Film entnommene Information erscheint mir bedeutend, da im Film selbst eine offenbar eher harmlose Variante der tatsächlichen Ereignisse gezeigt wird. Womöglich gibt das Buch mehr Details preis, die eine solche Handhabung begründet.

 

Es beginnt mit der Kindheit des Entführten (Charlie Plummer). Er ist eigentlich der Lieblingsenkel seines schwerreichen Großvaters, der ihm in Rom auch gleich mit seinem Wahn vertraut macht, er sei eine Reinkarnation Kaiser Hadrians und daher auch der Enkel von außerordentlichem Blut. In seiner Jugend dann lassen sich seine Eltern scheiden, weil sein Vater zu sehr dem Drogenrausch zuspricht. Seine Mutter (Michelle Williams) verzichtet auf jegliche finanziellen Ansprüche zu Gunsten des Sorgerechts. Dann folgt die Entführung und die bekannte Weigerung des Milliardärs, das Lösegeld aufzubringen. Stattdessen stellt er seiner Schwiegertochter die (wohl fiktive) Figur Fletcher Chase (Mark Wahlberg) an die Seite, der den Jungen zurückholen soll – „und das möglichst billig“, wie der Großvater sich ausdrückt. Es beginnt eine für die Mutter nervenzerreißende Odyssee zwischen den Entführern und ihrem Schwiegervater, innerhalb derer sich Fletcher Chase immer mehr als ihr einziger Verbündeter erweist, wobei seine Hilfe selten über die eines Chauffeurs hinausgeht. Der Rest ist bekannt. Nur am Ende hat das Drehbuch noch den einen oder anderen Kniff parat, der sich wohl in dieser zeitlichen Dichte nicht unbedingt so abgespielt hat.

 

Letztlich kann man sagen, dass das Thema, der Konflikt zwischen dem Milliardär und seiner Schwiegertochter um das Leben des Enkels, durchaus nachvollziehbar umgesetzt ist. Michelle Williams als Mutter und Christopher Plummer als Großvater stellen mit ihrer Darbietung alle anderen in den Schatten, inklusive Mark Wahlberg, der zwar nicht schlecht spielt, dessen Rolle aber dem Ganzen keinen eigenen Stempel aufdrücken kann. Man muss sogar zugeben, dass die Umsetzung des Stoffes auf zu viele reißerische Momente verzichtet, im Vergleich zu den bekannten Fakten fast ein wenig harmlos anmutet, was für die eine oder andere Länge in den über zwei Stunden Filmzeit sorgt. Könnte man den dämlichen Trailer einfach wegschmeißen, so hätten wir unter dem Strich einen durchaus spannenden Film, der sein Thema gut umsetzt, die Gedanken aber auch nicht dermaßen fesselt, dass man noch wochenlang an ihn denken müsste. Aber die Konfrontation der geschürten Erwartungen mit dem Film selbst hinterlässt doch einen eher faden Beigeschmack. (gepostet: 19.2.2018)