Die Top 5 und Flop 5 von April bis Juni

Sobald der Frühling und erst recht der Sommer Einzug hält, verändert sich auch das Kinoprogramm. Offenbar geht man davon aus, dass die Leute nicht oft einfach so in einen Film gehen, sondern gezielter wählen, weil es eben so viele andere Möglichkeiten gibt, etwas zu unternehmen. Das hat zur Folge, dass wir auf der einen Seite überdurchschnittlich viele Blockbuster zu verzeichnen haben. Auf der anderen Seite kommen offenbar Filme, die womöglich in einer anderen Jahreszeit untergehen würden, weil die Menschen, die sie interessieren, sie einfach nicht entdecken. Da bietet sich die Zeit an, in der es nicht so viele gibt. Mit durchschnittlich nur ein bis zwei Neuerscheinungen jede Woche kann man das auch rein statistisch festmachen.

 

So ist es sehr schwierig für diese Zeit eine Liste von Tops und Flops zu erstellen. Am oberen Ende drängeln sich die großartigen Filmerlebnisse und lassen die anderen ein wenig alt aussehen, die eigentlich auch Hochachtung verdient hätten. Allen voran in diesem Quartal die Horrorfilme. Denn mit Ghost Stories und Hereditary gab es zwei großartige Geschichten zu erleben, die sich von dem gewöhnlichen Stoff des Genres durchaus abheben. Darüber hinaus haben etablierte Schauspieler wie Amy Shumer in I feel pretty oder Dwayne Johnson in Rampage alles andere als versagt, ebenso wenig wie der deutsche Trickfilm Luis und die Aliens oder die hauptsächlich von Kinderschauspielern getragene Buchverfilmung Das Zeiträtsel.

 

Aber wenn auf der Leinwand Welten explodieren, grauenerregende Fabelwesen in 3D nach den Zuschauern greifen und epochale Endzeitschlachten ausgefochten werden, muss ich als Kinofan solchen Bildern dann letztlich den Vorzug geben, nicht der Fairness halber, sondern einfach, weil das Kino dann eben doch die maßgebliche Plattform für solche Filme bietet und eben nicht die DVD oder der Stream. Womöglich ist es sogar eine Kunst, eine Geschichte so zu inszenieren, dass sie auch außerhalb der Kinosaals nichts von ihrer Faszination verliert. Das kann ich von allen oben genannten Filmen behaupten, aber letztlich sind meine Favoriten der letzten drei Monate doch andere.

 

Auf Platz 5 hat es tatsächlich dann doch noch einer der Horrorfilme geschafft. Knapp hat er sich gegen seine Genrekollegen durchgesetzt, aber doch zu Recht, denke ich, denn Ghostland hatte von allen die individuellste Handschrift. Mit der überraschenden und über alle Maßen schockierenden Geschichte der Familie Keller, Mutter Pauline und die Töchter Beth und Vera, die in ihrem Haus von zwei psychotischen Serienmördern überfallen und gequält werden, hat der französische Regisseur Pascal Laugier einen Alptraum auf die Leinwand gebannt, der einen noch lange verfolgt. Hier wird die Psyche des Zuschauers wirklich in die Mangel genommen. So etwas sieht man einfach nicht alle Tage.

 

Aber ab Platz 4 kommen dann die Blockbuster und ab hier werden die Abstriche wirklich minimal. Avengers – Infinity War war schon wirklich ein Erlebnis. So viele Superhelden auf einmal und ein Bösewicht mit einer tragischen Note, der tatsächlich, bei all seiner Grausamkeit, ein wenig Identifikationspotential besitzt. Das Kinoerlebnis ist großartig, lediglich die Marvel-typischen Bezüge zu anderen Filme, die in diesem Fall für das komplette Verständnis der Geschichte notwendig sind, hinterlassen einen kleinen, komischen Nachgeschmack.

 

Genau das hebt nämlich Solo – A Star Wars Story auf Platz 3. Dieser Film hat eine geschlossene Handlung, auch wenn am Ende Hinweise auf eine Weiterführung der Geschichte gegeben werden. Aber selbst wer Solo aus den anderen Filmen nicht so präsent hat, versteht den Film und die Geschichte des „besten Piloten der Galaxis“ (Selbstbezeichnung) ist faszinierend genug, um sie auch ohne Star-Wars-Lexikon in der Hand zu genießen. Für mir sogar im Vergleich zu „Rogue 1“ der bessere Spin-Off-Film, aber darüber lässt sich natürlich streiten.

 

Ohne Vorwissen oder Bezüge zu faszinieren, das kann man zwar von Ready Player One weiß Gott nicht behaupten, aber bei dieser Buchverfilmung gehören die vielfältigen Anspielungen auf die Nerdwelt und die 80er eben zum genetischen Code der Geschichte. Wir haben es hier letztlich mit einer Dystopie voller aktueller Themen zu tun, großartig umgesetzt mit allem, was ein Blockbuster braucht. Spielberg ist eben ein Meister und deswegen diese Millimeter vor seinen Konkurrenten.

 

Und natürlich schwebt sein Geist auch über dem für mich besten Film des Quartals. Auf Platz 1 ist der in neuer I-Max-Technik gedrehte und gezeigte fünfte Teil der Dino-Story Jurassic World – The fallen Kingdom. Diesen Film darf man einfach nicht im Kino verpassen, auch wenn es exorbitant teuer ist. Die Dinos sind derartig beeindruckend, furchterregend, dass sie von nichts übertroffen werden. Gut, Sieg der Technik, könnte man sagen, aber am Ende zählt das Erlebnis. Und das ist bei diesem Film sicher unübertroffen.  

 

Einige Unverdientheiten gibt es auch bei den Flops, zumindest was die hinteren Plätze betrifft. Denn was kann ein Film dafür, wenn ich mir zu viel von ihm verspreche? Gut, wenn der Trailer sich einfach die besten Szenen rauspickt, dazu noch einige, die dem Final-Cut letztlich zum Opfer gefallen sind, dann nehme ich das persönlich übel, aber manchmal wird man mit der Story oder den Figuren auch einfach nicht warm. Dann ist es eben so und ich will niemanden vor den Kopf stoßen, dem ein solcher Film gefallen hat. Ist eben doch Geschmackssache.

 

Das trifft besonders auf Platz 5 zu: Deadpool 2. Ich hege eigentlich sehr viel Sympathie für die Tatsache, dass sich dieser Superheld mit seiner „Leck-mich-am-Arsch-Attitude“ (Zitat aus dem Film) so gut gegen seine Marvel-Konkurrenz halten konnte. Aber selbst im Double-Feature zusammen mit dem ersten Teil war mir zu viel Comicwissen vorausgesetzt. Die parodistischen Momente fuhren an mir vorbei wie ein knapp verpasster ICE. Zurück blieb eine Mischung aus Klamauk und sehr ernsten Themen, die für mich irgendwie nicht so recht funktionieren wollte.

 

Platz 4 für Der Sex-Pakt: Teenie-Sex-Humor mit ein wenig Charme, aber zu wenig, um wirklich Spaß zu verbreiten. Die Eltern, die erfahren, dass ihre Töchter sich anlässlich der Prom-Night entjungfern lassen wollen, haben mit ihren Neurosen zwar durchaus für Chaos gesorgt, aber mit Arschsaufen und „What-would-Vin-Diesel-do“-Humor alleine lässt sich keine gute Geschichte stricken. Da gab es in letzter Zeit wirklich Lustigeres zu sehen.

 

Doch recht lustig mutete mir nach dem Trailer Sherlock Gnomes an. Doch nach der Enttäuschung, die sich im Wesentlichen darin ausdrückte, dass eben der Trailer nur gute Szenen hatte und nicht einmal alle im Film vorkamen, landet er auf Platz 3. Ein nettes Wortspiel, ein paar Gartenzwerge und jede Menge Elton-John-Songs reichen dann doch nicht aus, um den Nachmittag nachhaltig zu versüßen. Leider für mich tatsächlich der erste richtige Flop.

 

Viel mehr Erwartung, als einen einigermaßen lustigen Film zu sehen, hatte ich bei Gringo nicht. Doch nicht einmal das erfüllte er. Die Story lahm, die Schauspieler nervig, der Humor so gut wie nicht vorhanden. So viele Menschen verschlägt es in Filmen von den USA nach Mexiko und fast alle Geschichten um sie sind interessanter. Gringo dagegen lähmt so sehr, dass es für Platz 2 der Flop-Liste reicht, aber auch nur, weil eine Enttäuschung eben noch größer war.

 

Bei A quiet place erwartete ich ja nicht weniger als einen DER Horrorfilme des Jahres. Die Idee, einen Film fast ohne Dialoge oder Geräusche zu machen, weil jedes Wort tödlich sein kann, wirkt erst einmal richtig genial. Aber die Umsetzung ist eine Katastrophe. Die Story ist voller Ungereimtheiten, die Figuren haben nicht das geringste Identifikationspotential und die einigermaßen originelle Szene, in der die beiden Kinder fast in einem Getreidesilo ertrinken, rettet die ganze Sache auch nicht. Definitiv totale Zeitverschwendung. Schlechter war wirklich kein Film und daher Platz 1 der Flops.

 

Im dritten Quartal wartet schon einiges. Bald kommt der nächste „Purge“, „Skyscraper“ mit Dwayne Johnson, ein neuer „Predator“ und nicht zuletzt bin ich besonders auf „Christopher Robin“ gespannt, in dem Ewan McGregor als Erwachsener Sohn von A. A. Milnes Winnie the Pooh wieder begegnet. Was für eine tolle Idee! Und ab Oktober hauen sie dann wieder richtig einen raus: „Phantastische Tierwesen 2“ at the door. Also, auf ins Kino!