I feel pretty (Filmstart: 10.5.2018)

Quelle: www. filmstarts.de
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Ganz anders als in den Vereinigten Staaten ist Amy Shumer hierzulande noch ein eher unbeschriebenes Blatt. Möglicherweise konnte sie bei deutschen Kinobesuchern letztes Jahr schon einige Sympathiepunkte sammeln, als sie in „Mädelstrip“ mit ihrer „Mutter“ Goldie Hawn in Südamerika eine Bande von Entführern mehr oder weniger versehentlich aufmischte, was durchaus einen sehr witzigen Film ergab. Amy Shumer sieht sich gerne selbst als Anti-Star in der glitzernden Hollywood-Welt, da sie dem geläufigen und geforderten Plastik-Schönheitsideal nicht entspricht. So ist sie wahrscheinlich sogar die Idealbesetzung für einen Film, in dem es genau darum geht: Um das Problem einer Frau, die unter einem schwachen Selbstbewusstsein angesichts ihres Aussehens leidet.

 

Wenn dabei nun jemand an Bridget Jones denkt, so tut er das zurecht, denn es ist wohl kein Zufall, dass die Hauptfigur in „I feel pretty“ Renee heißt (wie die Brigdet-Jones-Darstellerin Renée Zellweger) und ihren Namen den ganzen Film über als Anhänger an einer Kette um ihren Hals trägt. Renee arbeitet für die Kosmetikfirma LeClaire in einem Kellerbüro in Chinatown, New York City, ist Single, unzufrieden mit ihrem Aussehen und bemüht sich mit ihren beiden Freundinnen über Online-Dating-Börsen Anschluss an das andere Geschlecht zu finden. Bei einem Unfall im Fitnessclub „Soulcycle“ bekommt sie einen Schlag auf den Kopf und hält sich von da an für eine wunderschöne Frau. Ihr Umfeld ist darüber zunächst irritiert, doch ihr selbstbewusstes Auftreten von da an verschafft ihr nicht nur ein Date mit dem Anti-Macho Ethan, sondern auch ihren Traumjob als Empfangsdame in ihrer Firma, wo sie schnell zur wichtigsten Beraterin der Chefin Avery LeClaire aufsteigt.

 

Interessant ist, dass in einer nicht geringen Anzahl von Kritiken die schauspielerische Leistung von Amy Shumer zwar gelobt wird, der Film aber gerade durch sie auch ein Glaubwürdigkeitsproblem habe, weil sie für die Rolle zu gut aussehe. Eine wirklich bemerkenswerte Kritik, die allerdings nicht ganz an der Wirklichkeit vorbeischießt. Mag Amy Shumer in Hollywood-Maßstäben zwar einige physischen Makel aufweisen, wirkliche Gründe für mangelndes Selbstbewusstsein mag der Kinozuschauer oder die Kinozuschauerin darin nicht unbedingt sehen. Dennoch schreibt z. B. die Zeit, dass sie als Figur und Schauspielerin in der Filmbranche wichtig ist, da sie sich bewusst gegen den Wahn des von plastischer Chirurgie kreierten Schönheitsideals stellt. Ich denke, diese Einschätzungen kann man in etwa so stehen lassen, mit einer Ergänzung. Im Unterschied zur Figur der Bridget Jones sieht die Handlung für Renee nämlich eine lange Episode des starken Selbstbewusstseins vor, in der die Außenstehenden nicht selten den Kopf schütteln, denn keinesfalls wird sie dafür von Anfang an von allen bewundert und akzeptiert. Aber sie schert sich nicht mehr um ihre Defizite. Das kann jeder, unabhängig vom Aussehen. Demnach ist das Thema des Films besonders das Verhältnis zum eigenen Körper und wie unterschiedlich es sein kann, je nach Perspektive. Und hier kommt tatsächlich das schauspielerische Charisma von Amy Shumer zur Geltung, die komische und tragische Momente der Handlung gleichermaßen überzeugend vorträgt. Die Handlung selbst weicht zwar nicht grundsätzlich von bekannten Schemata ab, aber das wäre wohl auch bei diesem Thema nicht unbedingt zielführend.

 

Unter dem Strich darf man auch nicht außer Acht lassen, dass „I feel pretty“ durchaus eine Menge witzige Szenen und Dialoge bereithält und mit seiner Darstellung der Mode- und Youtube-/Instagramm-Szene ganz in der Gegenwart verhaftet ist. Diese behandelt er mit einer guten Portion Ironie, ohne dabei gänzlich in eine Parodie abzugleiten. Für mich daher insgesamt ein sehr schöner Film, mit dem die Hauptdarstellerin bei mir weitere Sympathiepunkte sammelt. Wunderbare Unterhaltung mit Herz und Seele. Was will man mehr? (gepostet: 27.5.2018)