Spätestens mit dem Thriller Sicario empfahl sich Regisseur Denis Villeneuve 2015 für höhere Aufgaben, was man an seinen nächsten beiden Filmen „Arrival“ und „Blade Runner 2049“ deutlich erkennen kann. Für den zweiten Teil ist zwar Stefano Sollima mit der Regie betraut worden, doch grundsätzlich ändern durfte sich der Stil dadurch nicht: Der Anfang des ersten Teils der „Saga“ wird wohl vielen Zuschauern noch lebhaft in Erinnerung sein: der Fund von über zwanzig Leichen in den Wänden einer unscheinbaren Wüstenbaracke in Arizona. Kalt, brutal, unmoralisch agieren die Hauptakteure des Drogenkriegs an der Grenze der USA und Mexiko, auf staatlicher Seite, wie auf Seiten der Drogenschmuggler. Oscarnominierungen für Kamera, Musik und Tonschnitt unterstreichen diese Stärken. Mag die Story nicht viel Neues bieten, die atmosphärische Umsetzung ist sicher so intensiv wie bei wenigen derartigen Filmen. So darf man durchaus gespannt sein auf den zweiten Teil.
In den USA werden einige Bombenattentate verübt und schnell ist man sich innerhalb der Regierung einig, dass die Täter über die Routen der Menschenschmuggler der mexikanischen Drogenkartelle ins Land gelangen konnten. Das kommt einer Kriegserklärung gleich. Der CIA-Agent und Offizier Matt Graver (Josh Brollin) wird daraufhin beauftragt, einen Krieg zwischen den Kartellen anzuzetteln, wozu er auch auf die Hilfe seines alten Freundes Alejandro Gillick (Benicio del Toro) zurückgreift. Sie gehen nach Mexiko, verüben Morde an Kartellmitgliedern im Namen des jeweils anderen und entführen zu guter Letzt die kleine Isabela (Isabela Moner, Transformers 5), die Tochter des Kartell-Bosses Carlos Reyes. Sie soll glauben, sie sei vom anderen Kartell entführt und dann von der CIA gerettet worden. Doch bei ihrer Rückführung geht alles, aber auch wirklich alles schief.
Es gibt eine ganze Menge Menschen, auch unter den Kritikern, die solche Art von Filmen offenbar lieben. Und handwerklich kann man über Sicario 2 sicherlich genau so wenig meckern wie über seinen Vorgänger. Im Gegenteil: Die kalte, brutale Atmosphäre wird tatsächlich noch einmal zu neuen Höhepunkten getrieben. Benicio del Toro musste offenbar noch weniger Text auswendig lernen als vorher, denn so langsam erreicht er von der Anzahl seiner Worte Dimensionen von Schwarzenegger in Terminator. Seine Vergangenheit, die von dem Mord an seiner Frau und seiner Tochter überschattet ist, verfolgt ihn noch immer, was sicher seine, kaum wahrnehmbare Beziehung zur Tochter seines Erzfeindes in diesem Film ausmacht. Ein einziges Mal lächelt er tatsächlich. Ich glaube, auch das ist eine Premiere in den Sicario-Filmen. Vielmehr erfährt man allerdings nicht über ihn, ähnlich wie im ersten Film. Er bleibt der unbekannte Rächer.
Kurzum: Sicario 2 geht zu hundert Prozent in seiner Atmosphäre auf. Die Story ist im Großen und Ganzen nicht mehr als ein Fußschemel der Kälte und Brutalität des Films. Die allerdings ist in einigen Momenten sehr intensiv. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass nach dem ersten Teil der zweite ein bisschen weniger auf diese Markenzeichen setzt zu Gunsten einer differenzierten Vorstellung der Figuren. Die finde ich nämlich eigentlich immer das Interessanteste an Geschichten. Hier allerdings gibt der Film sehr wenig Preis und zeigt stattdessen lieber noch dreißig Sekunden länger das ausdruckslose Gesicht von Benicio del Toro. Wer’s mag, wird begeistert sein. Für mich bleibt es Geschmackssache. (gepostet: 20.7.2018)