Wer sich an die Serie „Fantasy Island“ nicht mehr erinnert, muss sich wohl nicht grämen. Dabei werden zumindest die Gesichter der alten Hauptdarsteller, Millionär Mr. Roarke (Ricardo Montalbán) und sein Assistent Tattoo (Hervé Villechaize), den meisten Filmfans noch etwas sagen. Anfang der 80er war die Fantasy-Serie, in der in jeder Folge Gästen ihre Träume erfüllt und ebenso deren Konsequenzen aufgezeigt wurden, ein Quotenrenner mit Kultstatus. Und obwohl eine Comedy-Variante Ende der 90er bereits floppte, schickt sich Bloomhouse nun an, die Serie zum Thema eines Horrorfilms zu machen. Der Trailer sah recht interessant aus, also habe ich mir direkt einmal die erste Vorstellung am Veröffentlichungstag angesehen.
Das Setting ist klar: Fünf Menschen haben eine Menge Geld bezahlt, um sich auf Fantasy-Island ihre Träume erfüllen zu lassen. Zu Beginn erklärt ihr Gastgeber Mr. Roarke (Michael Peña), dass jeder Gast nur eine Phantasie bekommt und diese auf jeden Fall bis zum Ende durchleben muss. Bei den Halbbrüdern J. D. (Ryan Hansen) und Brax (Jimmy O. Yang) geht es in erster Linie um Party und Sex. Patrick (Austin Stowell) will einmal Soldat sein, Melanie (Lucy Hale) sich an ihrer alten Schulrivalin rächen und Gwen (Maggie Q) einfach noch einmal neu anfangen. Ebenso wie in der Serie läuft zunächst alles nach Plan, bis die ersten Probleme auftreten. Langsam wird allen Beteiligten klar, dass ihre Phantasien nicht nur realen Schattenseiten haben, sondern sie auch aus einem Grund auf der Insel sind, mit dem sie niemals gerechnet hatten.
Wer einen beinharten Horrorfilm erwartet, ist in „Fantasy-Island“ sicherlich falsch. Man könnte ihn als „Mystery-Thriller“ bezeichnen, der bei hart gesottenen Fans lediglich ein müdes Lächeln auslösen würde. An den Kinokassen hat der Film seine geringen Produktionskosten bereits dreifach eingespielt, obwohl die Kritiken nahezu vernichtend waren. Die meisten Schreiberlinge hielten das Story-Konzept für nicht mehr zeitgemäß. Doch alle diese Faktoren interessieren den gewöhnlichen Kinozuschauer wenig, der einfach nur ein wenig unterhalten werden will.
Unabhängig von Genre, Geld oder Kultreferenzen ist der Film zunächst einmal ganz nett anzusehen. Natürlich ist es spannend zu verfolgen, was passiert, wenn Träume und Phantasien von einer mit übernatürlichen Kräften ausgestatteten Insel zur Erfüllung gebracht werden. Ebenso sind die zu erwartenden Konsequenzen interessant. Bei manchen Figuren treten sie relativ schnell auf, wie bei Melanie, die zu ihrem Schrecken ihre alte Rivalin tatsächlich foltern soll, oder Patrick, der als Soldat erst einmal in Gefangenschaft gerät. Manche amüsieren sich zunächst, was aber auch gewisse emotionale Konsequenzen nach sich zieht. Im Verlauf der Handlung wird allerdings immer deutlicher, dass es um mehr geht und dass alle Figuren etwas verbindet. Zudem machen sie zunehmend intensiv mit den Eigenarten der Insel Bekanntschaft. Und dass es irgendwann ums nackte Überleben geht, bringt das Genre des Films wohl mit sich.
Wenn ich als Referenz einmal nicht die alten Vorlagen der Geschichte, sondern die gewöhnlichen Kino-Horrorfilme nehme, so muss ich sagen, dass „Fantasy Island“ durchaus etwas bietet. Es ist mehr als eine Jump-Scare-Orgie, an deren Ende an meistens recht dürftig animierter Dämon von irgendwoher steht. Die negativen Kritiken kann ich nachvollziehen, da die Horrorelemente des Films oft aufgesetzt wirken und teilweise tatsächlich den Charakter eines Fremdkörpers in der Handlung haben. Aber immerhin gibt es eine Handlung, der man folgen kann, die sich entwickelt und am Ende auch zu einem Ergebnis führt, mit dem man leben kann. Wer also mit einem Gruselfaktor, der nicht nennenswert über dem eines Indiana-Jones-Films hinausgeht, leben kann, dürfte durchaus seinen Spaß an dem Film haben.
Somit ist „Fantasy Island“ vielleicht kein großartiger Moment der Filmgeschichte, aber so grottenschlecht, wie er teilweise gemacht wird, muss man ihn wirklich nicht empfinden. Wer keine Lust auf Drama, billigen Horror oder Action-Filme hat, darf sich für den Kinobesuch am Wochenende durchaus einmal diesem Film widmen. Er wird ihn nicht wochenlang verfolgen, aber unterhalten und vielleicht sogar die Erinnerung an die eine oder andere eigene Phantasie wachrufen. Und das ist doch auch schon einmal etwas. (gepostet: 21.2.2020)