Die Top 10 des Jahres 2019

Der Jahresrückblick und das Ranking dazu hat besonders dieses Jahr zwei Komponenten, mit denen ich mich beschäftigen muss: die Frage, welcher Film mich gut unterhalten und welcher noch einen Nachhall in meinem Alltag gefunden hat. Beides muss irgendwie erfüllt sein, damit er in die Top 10 des Jahres passt. Dabei gehe ich noch einmal in mich und stelle teilweise Erstaunliches fest. Es gibt Filme, die mich begeistert haben, die ich auch noch gut bis sehr gut bewertet und sogar in die Quartalsranglisten der besten befördert habe, die es aber nicht schaffen. Außerdem gibt es Kassenschlager, bei denen mir eine gewisse Nachhaltigkeit in der Wirkung fehlt. Das heißt nicht, dass sie nicht gut sind. Ich habe mich für diese Liste einfach dazu entschieden, mich besonders auf die Geschichten zu konzentrieren. Was haben die Filme erzählt und was hat davon bei mir einen wirklich nachhaltigen Eindruck hinterlassen?

 

Durch dieses Raster sind ein paar Filme gefallen, die ich eigentlich sehr gut bewertet habe. Allen voran der Sieger des ersten Quartals „The Possession of Hannah Grace“, aber auch „Hard Powder“ Ad Astra, „Chaos im Netz“, Crawl oder Anna, allesamt sehr gute Filme, aber eben ließ die Wirkung irgendwann nach. Das war bei anderen nicht so.

 

Einige Blockbuster fand ich ebenfalls sehr gut, aber sie mussten den besseren Geschichten weichen: „Captain Marvel“ war der beste Marvel für mich dieses Jahr, trotz „Endgame“,  ES – Kapitel 2 eine würdige und dennoch nicht ganz so brillante Fortsetzung des überragenden ersten Teils und natürlich Star Wars – Episode 9. Ich bin ja froh, dass er so vielen Leuten gefallen hat, dann kriege vielleicht auch ich meine Fortsetzung, in der es dann endlich um die jungen Jedi geht.

 

Besonders hervorheben muss ich noch Das perfekte Geheimnis, ein Film, der mich sehr beeindruckt hat und dennoch ein wenig hinter den ersten 10 steht. Hier hat ihm wohl auch meine geringe Erwartung geholfen, aber über das Jahr gesehen reicht das eher für ganz knapp vorbei. Zwei Filme, die ich in den Ranglisten gar nicht erwähnt habe, aber dennoch mir in Erinnerung geblieben sind, heißen „Drachenzähmen leicht gemacht 3“, toller Trickfilm, und Jim Jarnuschs Zombiefilm „The Dead don’t die“: Echt eine tolle Parodie und dennoch irgendwie auch Arthouse. Sehenswert. Aber kommen wir nun zu den echten 10 Volltreffern!

 

Biografiefilme sind in jedem Fall im Trend, aber es kommen eben auch einige gute dabei heraus. Vielleicht auch weil ein wenig Lokalkolorit dabei ist und Teile des Films ein paar 100 Meter von meinem Zuhause gedreht wurden, landet bei mir „Der Junge muss an die frische Luft" auf Platz 10. Hape Kerkelings Kindheit in Recklinghausen ist so ein wunderbar erzähltes Stück Zeitgeschichte, wie es kein „Ruhrpott-Film“ sonst schafft. Die schauspielerische Glanzleistung des gerade einmal 10jährigen Julius Weckauf führt den Zuschauer mit kindlicher Sicherheit durch eine Geschichte, die so herrlich normal und doch so tragisch ist, dass man einfach damit und darin zerfließen muss. Was Kerkeling macht, macht er aus vollem Herzen, das weiß man durch den Film und der Film ist auch der beste Beweis dafür. Stolzer Platz 10!

 

Ein weiterer, hierzulande nicht so viel beachteter Biografiefilm ist „Fighting with my family“ um die junge Wrestlering Paige, die es von der englischen Provinz in noch jungen Jahren bis auf die Mega-Bühnen der WWE gebracht hat.  Dass sie im zarten Alter von 22 Jahren bereits eine Biografie bekommt, mag in der Tatsache begründet liegen, dass sie durch eine schwere Verletzung während eines Kampfes bereits ihre Profikarriere wieder aufgeben musste. Dies wird in dem Film allerdings nicht thematisiert. So liegt ein Hauch von realer Tragik über dieser Erzählung um Familie, Kampfgeist und Träume, wie sie am besten das Leben selbst erzählt. Außerdem gibt es schöne Einblicke in die Welt der WWE. Ist vielleicht besonders toll für Fans, aber ich schaue nun einmal gerne diese Shows. Insofern für mich Platz 9.

 

Platz 8 geht für mich in jedem Fall an den lustigsten Film des Jahres. "Pets 2" schlägt nicht nur den ersten Teil mit seinen eigenen Waffen, sondern bietet einen derart nachvollziehbaren Einblick in die Psyche gewöhnlicher Haustiere, dass man manchmal einfach nur mit offenem Mund dasitzt. Die Produzenten müssen Haustiere wirklich lieben. Aber die meiste Zeit liegt man einfach nur flach auf der Erde vor Lachen. Mehr muss man nicht sagen. Diesen Film muss einfach jeder lieben, der Haustiere hat oder zumindest Tiere mag!

 

Drei mumifizierte Leichen mit Namensschildern an einem Esstisch aufgereiht in einem zugemauerten Raum, ein Platz noch frei – dieses Setting verspricht einiges und hält noch mehr. „Verachtung“ heißt der vierte Roman von Jussi Adler-Olsen, ebenso wie seine filmische Umsetzung mit Nikolaj Lie Kaas und Fares Fares in den Hauptrollen. Dieser Thriller überzeugte in vielerlei Hinsicht: gute Story, spannende Handlung, finstere, geladene Atmosphäre. Selten war ein Kommissar grimmiger, selten ein Verbrechen von historischer Dimension zugleich so spektakulär und doch nachvollziehbar, man wünscht sich einfach, wenn man einen Thriller im Kino sehen will, genau solch einen Film. Ohne Bedenken Platz 7.

 

Für mich war Joker der spannendste Release des Jahres. Nach hinten raus war ich zwar nicht enttäuscht, aber eben auch nicht ganz so enthusiastisch wie viele Zuschauer. Er erfüllte meine Erwartungen hinsichtlich der Entstehung des einzig wahren Superschurken in Gotham City, hatte ebenso eine tolle Atmosphäre, aber ein zweiter Geniestreich à la „Batman begins“ war er dann doch nicht. Unter dem Strich hätte ich gerne von diesem Film noch eine Fortsetzung, weil einfach für mich zu viele Fragen unbeantwortet blieben. Das reicht aber dennoch spielend für Platz 6.

 

Ein Endzeit-Thriller, den man auf einer Theaterbühne inszenieren könnte – das klingt zunächst einmal eher unwirklich, aber I am Mother kann in jedem Fall mit diesen Worten beschrieben werden. Gerade einmal zwei Schauspieler plus ein Roboter sind nötig, um eine packende Story um den (fast) letzten Menschen der Welt nach der Apokalypse zu erzählen. Reduzierung bis ins Äußerste, aber Spannung, Atmosphäre, Dramatik hat dieser Film, wie ihn die wenigsten selbst mit aufwendigen Effekten hinkriegen. Ein toller Platz 5!

 

Platz 4 geht an den dritten Biografiefilm dieser Rangliste. Auch wenn man kein passionierter Elton-John-Fan ist, muss man einfach gestehen, dass „Rocket Man“ eine wahrhaft großartige Geschichte ist. Im Unterschied zu „Bohemian Rhapsody“ fokussiert dieser Film mehr das Innenleben des Künstlers und kreiert daraus eine Reise, die sich um Chronologie wesentlich weniger schert als um Emotionalität. Und statt auf der großen Bühne steigt das große Finale im Therapiezimmer, stimmig und folgerichtig. Der Soundtrack tut ein Übriges dazu, um zu verstehen, dass man Elton John vielleicht nicht mögen muss, er aber in seiner Vielseitigkeit als Künstler und Entertainer einen bemerkenswerten Werdegang hat. Macht einfach Lust auf mehr Filme dieser Art.

 

Zu Unrecht wird meiner Meinung nach der Film „The Hole in the Ground“ als simpler Unheimliches-Kind-Horror abgetan. Denn was hier sicher Grundlage für eine ziemlich unheimliche Geschichte liefert, ist keineswegs die Besessenheit eines Sprösslings, sondern vielmehr die Entfremdung einer Mutter von ihrem Sohn nach ihrer Scheidung. Das Loch im Wald ist dabei nur Dreh- und Angelpunkt einer viel tiefer gehenden psychotischen Episode, bei der man nie genau weiß, wer eigentlich verrückt, wer besessen und wer tatsächlich bedroht ist. Mit unglaublich viel Geschick inszenierte Regisseur Lee Cronin somit eine Geschichte um eines der wirklichen Tabuthemen der heutigen Gesellschaft: Die Angst einer Mutter vor ihrem Kind. Für mich einer der Geniestreiche des Jahres und nur deswegen Platz 3, weil es eben noch besser ging.

 

Entfremdung ist auch das Thema des für mich besten Horrorfilms des Jahres, der ebenso wie der vorige eigentlich keiner ist. Midsommar erzählt die Geschichte einer Frau, die in eine okkulte Gemeinschaft in Schweden gerät, freiwillig, nicht ohne Schmerz, aber eben doch mit vielmehr Hintergrund, als es Titel und Trailer erkennen lassen wollen. Dieser Film erstrahlt im Sonnenlicht, ganz untypisch für sein Genre, und lässt einen über so vieles nachdenken, was man gesehen und bis dahin für richtig gehalten hat. Hoher Mindfuck-Faktor, noch höherer Spaßfaktor und sicher der zweite Geniestreich dieses Jahr. Dieser Film lässt diejenigen, die bereit dafür sind, auch ihre eigene Gesellschaft in ganz anderem Licht stehen. Zweitbester Film des Jahres und somit Platz 2!

 

Der beste Film des Jahres allerdings kommt für mich eindeutig aus Korea! Was kann zwei solche wuchtigen Geschichten wie die beiden zuvor erwähnten eigentlich noch toppen? Was kann ein Film noch besser machen? Die Antwort gibt Parasite. Die Geschichte um die vierköpfige Familie Kim schafft es nämlich nicht nur, einem in vielen kleinen Facetten die Unterschiede zwischen arm und reich (ich würde sagen nicht nur in Korea) vor Augen zu führen, vielmehr geht er mit so viel Witz, Charme, Brachialität und vor allem Herz an die Sache heran, dass man es einfach nicht besser machen kann. Wie die Kims sich in Haus und Leben einer reichen Familie hineinmogeln und was für eine irre Wendung diese Geschichte dann nimmt, ist einfach weit entfernt von jeglicher Erwartung, die man als Kinozuschauer normalerweise hat. Die beiden vorherigen Filme sollte man gesehen haben, diesen hier muss man gesehen haben! So nahe an der Perfektion habe ich selten Bilder vor meinen Augen flimmern sehen. Der Film des Jahres, seht ihn Euch an! Ihr werdet einfach nur über viele Erfahrungsgrenzen hinaus gut unterhalten werden. Platz 1!      

 

Top 10

 

1. Parasite

2. Midsommar

3. The Hole in the ground

4. Rocket Man

5. I am mother

6. Joker

7. Verachtung

8. Pets 2

9. Fighting with my family

10. Der Junge muss an die frische Luft

 

Es war schon verdammt schwer, diese zehn Filme als die besten auszuwählen. Aber jetzt darf dann gelästert werden, denn ich will natürlich auch die zehn schlechtesten noch einmal würdigen. Aber dazu später. (gepostet: 6.1.2020)