Bombshell (Filmstart: 13.2.2020)

Quelle: www.filmstarts.de
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Es gibt diese Filme, die nicht nur das Label „nach einer wahren Geschichte“ tragen, sondern bei denen sich die Produzenten tatsächlich auf die Fahne schreiben, dass sie reale Geschehnisse gewissermaßen nur verfilmen. Im Falle von „Bombshell“ gilt das für die Klagen gegen einen der einflussreichsten Medienmanager der USA und damit wohl auch weltweit: Roger Ailes, der für Rupert Murdoch 20 Jahre lang den Sender Fox News leitete und zum erfolgreichsten in den USA machte. So bekommen die Kinozuschauer die Ereignisse präsentiert, die letztlich zu diesem doch massiven Erdbeben in der amerikanischen Medienlandschaft führten. Lassen wir uns also auf der Leinwand in die Wirklichkeit entführen.

 

Bis 2016 hielt Roger Ailes (John Lithgow) alle Fäden beim Sender Fox News in der Hand. Er gab den Rahmen vor, nach dem Journalismus betrieben und in Szene gesetzt werden sollte. Dabei ging es auch häufiger um die Optik der Moderatorinnen. Sein Büro war die unbestreitbare Machtzentrale der Fox News Welt. Das ging 20 Jahre so. Dann verklagte die Moderatorin Gretchen Carlson (Nicole Kidman) ihn wegen sexueller Belästigung. Viele Mitarbeiterinnen schlossen sich an, darunter auch die Moderatorin Megyn Kelly (Charlize Theron). Die Rolle der Kayla Pospisil (Margot Robbie) soll nach einem beliebten Online-Lexikon die Verschmelzung von mindestens 20 weiteren Mitarbeiterinnen bedeuten, die sie den Vorwürfen anschlossen. Schließlich wurde Roger Ailes von Rupert Murdoch (Malcom McDowell) entlassen.

 

Was zunächst nach einem unerhörten Vorgang von internationaler Tragweite klingt, hat auf der Kinoleinwand als Film so seine Tücken. „Bombshell“ ist in die Falle getappt, die die Leinwandadaption für viele „wahre Geschichten“ bereithält: Der Film ist fast durchgängig, von der ersten bis zur letzten Minute, langweilig. Manchmal ist er sogar sterbenslangweilig. Ich will nicht sagen, dass das Thema nicht brisant ist. Noch weniger soll das bedeuten, dass die Schauspieler schlecht spielten. Im Gegenteil: Theron, Kidman und Robbie machen ihre Sache gut. Ironischerweise hat dieser Film ja sogar einen Oscar bekommen, nämlich für Make-Up und Frisuren. Das ist irgendwie schon witzig, aber zugleich auch tragisch, wenn man bedenkt, dass „Bombshell“ eigentlich das toternste Thema weiblicher Emanzipation und des Karriere-Hoppings (und zwar im Bett des Chefs) transportieren möchte.

 

Nehmen wir doch diesen Umstand noch einmal kurz unter die Lupe. Gegen ein solch gesellschaftliches Anliegen des Films lässt sich im Grunde nicht viel sagen. Die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern ist auch im Jahr 2020 überraschenderweise noch ein Fakt trotz der vielen „*innens“, „/innens“ und „-innens“, die unsere Texte seit Jahr und Tag verschandeln. Gerade in dem, tatsächlich alten Phänomen des „Hochschlafens“ (Mit seiner „Besetzungscouch“ nannte man Goebbels seinerzeit nicht umsonst den „Bock von Babelsberg“) liegt eine tiefere Tragik, die beide Geschlechter gleichermaßen zu einer Selbstreflektion zwingen. Die ist bezogen auf die Fragen: Wer schadet mit diesem Verhalten eigentlich wem? Schaden die Männer den Frauen? Schaden die Frauen sich selbst? Schaden die Frauen anderen Frauen? Schaden die Frauen vielleicht sogar den Männern? Gerade in dieser Situation, da Mann und Frau sich nahezu vollständig auf ihr Geschlecht reduziert sehen, wird die Identitätsfrage enorm wichtig. Über dieses Thema könnte man dutzende interessanter und erhellender Filme drehen.

 

Leider ist „Bombshell“ nichts dergleichen. Neben der Moralkeule mit der Wahrheits-, also der Nach-wahren-Begebenheiten-Keule ausgestattet, glaubt der Film, genug Überzeugungskraft auf seiner Seite zu haben. Dabei liegt die Macht der Kunst, der Poesie und des Geschichten Erzählens doch gerade darin, über die Fiktion tiefere Wahrheiten zu ergründen und zu vermitteln. All das macht der Film nicht. Er schwingt die Keule und das war es. Deswegen ist er so gähnend langweilig, hat für meine Begriffe den Unterhaltungswert eines Vortrags, in dem der Referent 110 Minuten nur Folien mit viel zu kleiner Schrift vorliest. Unter dem Strich sollen wir alle staunen und sogleich schockiert sein über die Mechanismen der Medienwelt von heute. Aber ehrlich gesagt, wenn die Empörung abgeklungen ist, überrascht das noch irgendjemanden? Mich jedenfalls nicht. (gepostet: 24.2.2020)