Die Top 10 des Jahres 2018

Damit hatte ich nicht gerechnet: Anstatt dass sich im Herbst und Winter ein toller Film an den anderen reiht, herrschte im Kino tatsächlich relative Flaute. Der offenbar alles überschattende zweite Teil von „Phantastische Tierwesen“ enttäuschte zwar nicht auf der ganzen Linie, erinnerte mich aber mit seinen vielen Bezügen, Nebenhandlungen und Verweisen zu sehr an typische Endlos-Serien bekannter Streaming-Dienste. Das ist nicht ganz so mein Geschmack. Darüber hinaus hat mich wenig so wirklich vom Hocker gerissen weder positiv noch negativ. Im vorweihnachtlichen Getümmel hatte ich selten die Muße, über die Filme zu reflektieren, daher will ich das hier einmal kurz zusammenfassen.

 

Die beste Unterhaltung boten für mich das Transformers-Prequel „Bumblebee“ und der vorweihnachtliche „Grinch“, beides schöne Geschichten, gut umgesetzt, die einen mit einem wohligen Gefühl aus dem Kino entlassen haben. Hape Kerkelings Jugend in „Der Junge muss an die frische Luft“ zu beobachten, war ergreifend und zeigte einmal mehr, was für ein toller Erzähler aus dem einzigen Quatschkopf geworden ist. Fulminant angekündigt war „Mortal Engines – Krieg der Städte“; dass der mit tollen Bildern aufwartete, war vorhersehbar, leider auch letztlich die Handlung, aber immerhin war ein Historiker der Held der Geschichte. Das fand ich natürlich gut. Für’s Kino allemal ein Erlebnis. Von der an Stig Larsson angelehnten Fortsetzung „Verschwörung“ hatte ich nicht viel erwartet, ebenso wie von „Spiderman: Homecoming“. Beide waren dafür in Ordnung. Eher enttäuscht war ich von dem äußerst interessant anmutenden Thriller „Nur ein kleiner Gefallen“, der neben ähnlich gelagerten Filmen wie „Gone Girl“ oder „Girl on the train“ ein eher mäßiges Bild abgab. Leider reichte auch die Agatha-Christie-Verfilmung „Das krumme Haus“ nicht an den Charme des letzten, „Mord im Orientexpress“ an, da waren meine Erwartungen wohl zu hoch.

 

Aber es gab dann doch die Filme des letzten Quartals, die mich beschäftigt haben. Über sie habe ich in Mal wieder im Kino gewesen geschrieben. So möchte ich endgültig zur großen Jahres-Abrechnung kommen. In der Rückschau kommt es für mich besonders darauf an, ob mir Filme im Gedächtnis geblieben sind oder meinen Alltag beeinflusst haben. So muss sich die Jahreswertung nicht zwangsläufig aus den Top 5 der Quartale ergeben, auch wenn sie die im Wesentlichen wiederspiegelt.

 

Wenn ich mir das Jahr so ansehe, dann fällt mir auf, dass es echt viele Marvel-Verfilmungen gab, von denen ich die meisten gut fand. Black Panther, Avengers und Venom sind mir dabei in bleibender Erinnerung geblieben, wobei der einzige DC-Film Aquaman da in allen Punkten mithalten konnte. Ich bin einfach froh, dass ich mir solche Filme im Kino ansehen darf, denn dafür sind sie gemacht. Blockbuster anderer Herkunft wie Rampage mit Dwayne Johnson, das lang erwartete Ready Player One und Jurassic World dürfen ebenso zu den Highlights auf der Leinwand gezählt werden.

 

Interessanterweise waren daneben viele sehenswerte Filme aus dem Horror-Genre dabei, die auch Einzug in die Top 10 gehalten haben. Neben diesen Sternchen würde ich mir aber auch Ghost Stories, It comes at night, Winchester, The Domestics und Operation Overlord immer mal wieder ansehen. Spannung, Grusel, teilweise am späten Abend in nahezu leeren Kinosälen, das hatte schon etwas. Bei den Thrillern haben mich The Commuter, der schwedische The Guilty sowie die Fitzek-Verfilmung Abgeschnitten überrascht, ganz unterschiedlich in ihrer Art, aber alle drei äußerst spannend.

 

Darüber hinaus haben Kinderbücher als Vorlage für schöne Filme gedient. Jim Knopf ohne Marionetten-Fäden, Die kleine Hexe und Peter Hase, alles tolle Filme, die sicher in wenigen Jahren zum Standard-Repertoire am Sonntagnachmittag im TV gehören, wenn es so etwas dann noch gibt.

 

Das Drama schwächelt mengenmäßig im Kino fast schon naturgemäß, auch wenn sich allein mit The shape of water, I, Tonya, Three billboards outside Ebbing, Missouri und Die dunkelste Stunde acht Oscars versammeln. Einen merklichen Aufschwung erlebt das Genre dennoch nicht. Schade, denn diese Filme waren allesamt sehr sehenswert. Gute Komödien kommen offenbar fast immer aus Frankreich. Bester Beleg für diese Annahme waren dieses Jahr Voll verschleiert, Das Leben ist ein Fest und Die Sch’tis in Paris. Auch wenn sie wenig Neues bieten, dem Charme der neuen Generation der französischen Komödien erliege ich regelmäßig. Ohne es zu bereuen, habe ich mir sogar ein Musical gegeben, denn The Greatest Showman hatte einfach zu viel Schönes.

 

Aber nun zu den Top 10:

 

Auf Platz 10 hat es tatsächlich Blackkklansman geschafft, obwohl ich mir den nur angesehen habe, weil nichts Anderes lief. Die biographische Verfilmung des afro-amerikanischen Polizisten, der sich in den 70er Jahren undercover in den Ku-Klux-Klan einschleuste, hatte eine großartige und feinfühlige Art, das Thema Rassismus in den USA umzusetzen: humorvoll, dramatisch, mit viel Platz für eigene Gedanken und alles andere als belehrend. Diesen Spagat schaffen nicht viele Filme und deswegen würde ich ihn jedem vorbehaltlos empfehlen.

 

Platz 9 geht an unser aller Liebling Han Solo. Anders als „Phantastische Tierwesen“ oder einige Marvel-Verfilmungen ergeht sich diese Geschichte nicht in intertextuellen Bezügen, sondern erzählt vornehmlich eine Handlung, die während des Films beginnt und auch wieder endet. Spannung, tolle Bilder, einmal mehr abgedrehte Wesen und Planeten, was will der Star-Wars-Fan mehr? Eindeutig ein Gewinn für die Serie!

 

Warum ich Heilstätten so gut fand, mag sich so mancher Leser fragen. Platz 8 belegt er als einziger deutscher Film in den Top 10 auf jeden Fall wegen seiner ungeheuren Spannung, der aufregenden Found-Footage-Umsetzung und dem galanten Twist am Ende. Gut kopieren ist eben auch eine Tugend und für mich übertrifft dieser Film viele seiner Genre-Kollegen an Spannung und Handlungsgeschick.

 

Komödie des Jahres ist für mich eindeutig Game Night auf Platz 7. Nicht nur, dass man einmal mitbekommt, wie ein gewöhnlicher Spieleabend ausarten kann, die Szenen, die dabei herauskommen, haben das Zeug zur Legende: Alleine wenn eine Protagonistin die Gangster mit vorgehaltener Waffe zwingt, Yoga zu machen, weil sie denkt, es sei nur ein Spiel; einfach großartig und davon hat dieser Film noch einige.

 

Kein religiöses Oberhaupt hat bislang einen Film von sich drehen lassen. Natürlich wusste auch Papst Franziskus, dass viele Kritiker ihn als reine Propaganda im negativen Sinne abtun. Aber er hat es dennoch geschehen lassen und Wim Wenders für den Film Papst Franziskus. Ein Mann seiner Worte Rede und Antwort gestanden. Für mich ist er ein Dokument des beginnenden 21. Jahrhunderts, das Vieles in den Schatten stellt. Egal, welcher Konfession man ist, es lohnt sich, diesen Film zu sehen. Daher Platz 6.

 

Der beste Thriller des Jahres landet mit Wind River auf Platz 5. Oft haben Thriller ja entweder eine tolle Atmosphäre oder eine gute Handlung, hier in den eisigen Bergen im Westen der USA kommt beides zusammen. Tolle Schauspieler, die außergewöhnlichen Figuren Leben einhauchen, eine Handlung, die von Anfang bis Ende fesselt, dieser Film macht auch Spaß, wenn man schon alles weiß. Am besten mal im Dunkeln schauen, da kommt der ewige Schnee noch besser!

 

Dass ausgerechnet Ghostland mir unter den Horrorfilmen am besten gefallen und auch nur knapp die Top 3 verpasst hat, liegt an der Nachwirkung dieses Films. Selten hat ein Regisseur mit so wenig expliziter Gewalt so viel Effekt ausgelöst. Ein einsames Haus, zwei irre Mörder und eine Familie. Darüber hinaus eine Reihe von Alpträumen, in der man, wenn man aus dem einen erwacht, nur in den nächst schlimmeren gerät. Gänsehaut, man wird eingesperrt mit seiner eigenen abgrundtiefen Phantasie. Für mich ist das große Filmkunst. Platz 4!

 

Platz 3 ist ein Fan-Platz, eindeutig. Die beiden Bücher über Winnie the Pooh gehören zu meinen absoluten Lieblingen und wenn ich dann dabei zuschauen darf, wie Christopher Robin sich entwickelt hat, zerplatze ich fast vor Neugier. Ich wurde nicht enttäuscht. Ewan McGregor ist aus meiner Sicht die Rolle derartig auf den Leib geschnitten, dass man den Film gar als legitime Fortsetzung von Trainspotting interpretieren könnte, nachdem dessen zweiter Teil mich nicht so überzeugte. Pooh bringt den Menschen das Nichtstun bei. Da kann ich einfach nur jubeln!

 

Drüber kommt nur noch wenig. Auch Platz 2 könnte ein Fan-Platz sein, ist es aber nicht. Denn mit Full Circle hat Andy Brings tatsächlich etwas Großartiges getan. Er hat den Mut bewiesen, sich als Musiker und Mensch vor dem Kinopublikum zu öffnen. Selten hat man so tief in die Seele eines Menschen über einen Dokumentarfilm blicken dürfen. Diesem Menschen muss man einfach zuhören und ich hoffe, dass er noch sehr lange und sehr oft im Kino läuft. Pflichtprogramm für alle, die etwas aus ihrem Leben machen wollen!

 

Der Film des Jahres, Platz 1, lief dann tatsächlich doch im letzten Quartal und ich hatte ich nicht einmal großartig auf der Rechnung. Interessiert hat mich die Geschichte von Queen schon, obwohl ich nie ein großer Fan war. Doch was Bohemian Rhapsody mit Rock-Legende Freddie Mercury tut, ist nicht weniger, als ihm das würdige, längst fällige Denkmal zu setzen. Dieser Film erzählt eine komische, tragische, dramatische aber insgesamt wunderschöne Geschichte von einem hoch talentierten Menschen auf der Suche nach Gleichgesinnten, die ihn verstehen. Und er fand sie. Für mich stimmt in diesem Film einfach alles. Er fusioniert reale Ereignisse mit der Kunst des Erzählens und kreiert damit zwar etwas Neues, aber eben auch Begeisterndes, Mitreißendes, etwas, das das eigene Leben besser macht. Die Eindrücke dieses Films werden mich noch lange begleiten. Genau das macht ihn für mich zum besten Film des Jahres!

 

Top 10

 

1. Bohemian Rhapsody

2. Full Circle

3. Christopher Robin

4. Ghostland

5. Wind River

6. Papst Franziskus - Ein Mann seiner Worte

7. Game Night

8. Heilstätten

9. Solo - A Star Wars Story

10. Blackkklansman

 

 

Soviel zu den Highlights im Kinojahr 2018. Die Tage werde ich mich dann mit den weniger erbaulichen Kinostunden beschäftigen. Aber das wird hoffentlich nicht weniger Spaß machen. J