Südkoreanische Filme sind seit Parasite nicht mehr das, was sie mal waren. Man traut den Asiaten offenbar inzwischen so viel zu, dass ein Zombiefilm sowohl bei den Cannes-Festspielen (die sind ja leider ausgefallen), als auch in den deutschen Multiplexes zu sehen ist. Aber auch Zombiefilme können mehr sein, als das übliche „-of the dead“-Gemetzel, wie zuletzt zum Beispiel „The Girl with all the gifts“ gezeigt hat. Dennoch hatte ich bei dem neuen „Peninsula“ zunächst die Horror-Galoschen an, war gewappnet für jede Menge Blut, Gedärme und Körperteile. Überraschen lassen kann man sich ja immer noch.
Ganz Südkorea ist von den Zombies besetzt – ganz Südkorea? Ja, ganz Südkorea. Nach dem ersten Schock der Apokalypse in dem asiatischen Land, setzt fast eine Art Goldgräberstimmung ein. Banditen, Abenteurer und Wagemutige wollen dorthin und die vielen Reichtümer plündern, die noch dort liegen. Unter ihnen ist der Soldat Jung-seok, der mit seinem Schwager und zwei weiteren eine kleine Gruppe bildet, die im Auftrag eines kleinen Unterweltchefs einen Laster mit 20 Millionen Dollar aus der Krisenregion holen sollen.
Was uns Regisseur in dem Film „Train to Busan“ erzählte, findet mit „Peninsula“ eine lose Fortsetzung: Eine neue Geschichte im gleichen Universum, in dem Südkorea komplett zum Zombieland geworden ist. Klingt apokalyptisch und das ist es auch. Schon zu Beginn werden wir mit Flüchtlingsszenen konfrontiert, die sich gut und gerne auch zu anderen Anlässen – besonders in den letzten Jahren – abgespielt haben können. Weiterhin das Exil von Jung-seok in den Elendsvierteln Hong Kongs und schließlich die völlig zerstörte und mit Zombies übersäte südkoreanische Stadt Incheon. Für ein Budget von gerade einmal 16 Millionen Dollar sind die Kulissen beeindruckend, bedrückend und die Kinoleinwand in jedem Fall wert. Einmal angekommen werden sich womöglich einige an „The Walking Dead“ erinnert fühlen, denn mit zunehmender Dauer wird deutlich, dass es hier um mehr geht als nur den Auftrag. Das Setting bleibt finster, denn als Mensch ist man in dieser Hölle nachts am sichersten. Während sich also die Geschichte um den Soldaten und einigen Begegnungen mit Überlebenden spinnt, überzeugt der Film immer wieder mit sinnlichen Eindrücken, wie ein mit Zombies vollgestopftes Gebäude oder das zu einer Kampfarena umgestaltetes Einkaufszentrum. Wo Geld für die Produktion fehlt, muss Kreativität her und die steckt in diesem Film durchaus. Dabei ist die Geschichte vielleicht nicht tiefsinnig, aber emotional und lässt schließlich die Zombies zu einer Kulisse für Menschlichkeiten werden, die den Zuschauer bei der Stange halten.
So ist „Peninsula“ tatsächlich ein weiteres Beispiel, erstens für interessantes koreanisches Filmschaffen, und zweitens für die Entwicklung des Zombiefilmgenres von bloßem Splatter hin zu richtigen Geschichten. Die Atmosphäre und die Charaktere sind die Stars, nicht die allzu exzessive Darstellung von Gewalt. Einen Kinobesuch ist er wegen seiner Bilder in jedem Fall wert und ich persönlich hoffe, dass in Zeiten, in denen die Blockbuster immer wieder verschoben werden, mehr von solchen Filmen in die Kinos kommt. Denn dafür sind sie schließlich schon immer da gewesen. (gepostet: 14.10.2020)