Christopher Robin (Start: 16.8.2018)

Quelle: www. filmstarts.de
Quelle: www. filmstarts.de

Es ist für mich eine der großartigsten Geschichten der Literatur: Ein Schriftsteller namens A. A. Milne schreibt Geschichten um die Kuscheltiere seines Sohnes Christopher Robin, fügt ihn selbst als Held ein und kreiert somit zwei Kinderbücher, die auch nach fast 100 Jahren nicht aufhören wollen zu faszinieren. Die Bücher „Pu der Bär“ und „Pu baut ein Haus“ sind literarisch, sprachlich und philosophisch absolute Meisterwerke, auch in ihrer deutschen Übersetzung. Verfilmungen als Zeichentrick haben ebenfalls bereits Generationen von Kindern beim Erwachsenwerden begleitet und vielleicht dafür gesorgt, dass sie das Kind in sich nicht ganz vergessen. Aber was wurde eigentlich aus DEM Kind? Was wurde aus Christopher Robin? Am Ende des zweiten Buches bittet er Pu um Verständnis, dass er weggehen muss, aber der Erzähler verspricht, dass dort im 100-Morgen-Wald immer ein kleiner Junge mit seinem Bären spielen wird. Ist es so gekommen? Der neue Film „Christopher Robin“, der am Donnerstag in die Kinos kommt, will es uns verraten. Ich konnte es kaum abwarten und habe mir die sonntägliche Vorpremiere angesehen.

 

Der Film beginnt mit dem Dialog zwischen dem kleinen Christopher Robin und Pu, mit dem das zweite Buch endet. Danach erfahren wir erst einmal, dass der Junge eine schwere Zeit durchmachen musste: strenges Internat, Tod des Vaters, Soldat im Zweiten Weltkrieg und dann ein leitender Angestellter in einer kriselnden Firma, die Koffer herstellt. Nun, der erwachsene Christopher Robin (Ewan McGregor) ist wahrlich kein Kind mehr. Er vernachlässigt seine Familie, ist immer traurig und lässt sich von seinem Vorgesetzten drangsalieren. Sogar ein lange versprochenes Ferienwochenende mit seiner Tochter sagt er ab, um zu errechnen, welche Mitarbeiter seiner Firma auf Grund von Sparmaßnahmen entlassen werden müssen. Und Pu, nun seinen Bären hat er völlig vergessen. Der wacht eines Tages in seiner Baumhütte auf und muss feststellen, dass alle seine Freunde weg sind. Nicht einmal einer ist da, um ihm beim Suchen der anderen zu helfen. Verzweifelt geht er durch die Tür, durch die Christopher Robin seinerzeit den Wald verlassen hat und findet sich in London wieder. Dort sitzt er, sein alter Freund und Held Christopher Robin und der ist alles andere als erbaut, ihn zu sehen. Weder hat er Zeit noch Lust Pu beim Suchen seiner Freunde zu helfen. Aber bis Pu das versteht, ist es längst anders geworden.

 

Ich sage es gerade heraus: Ich finde den Film einfach nur großartig! Jeder, den Pu der Bär auch als Erwachsener noch berührt, sollte an „Christopher Robin“ großen Spaß haben. Es geht natürlich um die Wiederentdeckung des Kindes in sich selbst, um die Sicht auf die Welt in dieser weisen, einfachen Art, die sich traut, nichts einfach so zu verstehen und hinzunehmen, wie Pu es immer tut. Außerdem ist da die unfassbare Fähigkeit, vielleicht sogar Superkraft des Bären, einfach immer nur von a nach b zu gehen, sich um nichts zu sorgen und einfach glücklich sein zu wollen: „Ein roter Ballon macht mich glücklich“. Bevor man zum nächsten Guru rennt, sollte man sich diesen Satz einfach mal aufschreiben und wirken lassen. Das Loblied auf das Nichtstun, die Freude an Familien und Freunden, an Spaß und Sorglosigkeit, das alles bringt der Film mit sich. Und wer meint, sein Leben sei in all seiner Schwere dafür nicht geschaffen, der muss sich einfach denken, nicht WWJD (What would Jesus do?) sondern WWPA (What would Pu ask?).

 

Im Film bekommt Pu Christopher Robin natürlich mit seiner Superkraft weich, obwohl der sich tatsächlich lange wehrt. Viele kleine Anspielungen auf die bekannten Geschichten versüßen das Zusehen ebenso, wie die liebevolle Inszenierung mit Reminiszenzen an die Original-Zeichnungen und dieser wundervoll englischen Harry-Potter-Atmosphäre der Bilder. Spätestens in der zweiten Hälfte des Films darf auch enorm gelacht werden und Taschentücher sind ohnehin Pflicht für diese kleine Reise zu dem Ort, an dem man selbst sein inneres Kind gerne einmal versteckt. Der Film bringt jeden dorthin.

 

So ist „Christopher Robin“ in meinen Augen wirklich mehr als sehenswert. Ewan McGregor spielt diese absolute Traumrolle wie man es von einem Schauspieler seines Formats erwarten darf. Gefiel mir sehr gut. Ach ansonsten, geht einfach rein und denkt nicht zuviel darüber nach. Lasst Euch leiten von dem Bären von geringem Verstand zu Orten wie „Nirgendwo“ und wunderbaren Dingen wie „nichts tun“. Es lohnt sich! (gepostet 13.8.2018)