Luis und die Aliens (Start: 24.5.2018)

Viele glauben, die deutschen Oscar-Gewinner würde man mehr oder weniger kennen. Aber wem sind die Gebrüder Lauenstein ein Begriff? Wahrscheinlich niemandem. Dennoch gehören sie zu dem erlauchten Kreis. Für ihren animierten Kurzfilm „Balance“ erhielten sie 1990 diese Auszeichnung und gründeten darauf ihre eigene Produktionsfirma, die allerdings hauptsächlich auf Werbefilme spezialisiert ist. Nun treten sie, dreißig Jahre nach ihrem großen Erfolg, tatsächlich mit einem abendfüllenden Spielfilm an die Öffentlichkeit: „Luis und die Aliens“, eine deutsch-dänisch-luxemburgische Koproduktion mit vergleichbar geringem Budget. Auch ist die Idee, zumindest für den langen Zeitraum der kreativen Schaffensphase, nicht gerade neu: Ein kleiner Junge trifft Außerirdische. Dennoch schien der Trailer einen lustigen Film zu verheißen und so bekam er bei mir am Sonntag den Vorzug vor dem Horrorthriller „Wahrheit oder Pflicht“, der, wenn man Robert Hofmann Glauben schenken will, seine besten Szenen schon im Trailer verballert. Das hatte ich in letzter Zeit zur Genüge.

 

Luis, ja, der kleine Junge ist wirklich nicht zu beneiden: gehänselt vom versnobten Nachbarsjungen, unglücklich verliebt in die schöne Schulreporterin und ansonsten gebeutelt von seinem Alltag, in dem er den ganzen Haushalt schmeißen muss, weil seine Mutter gestorben ist und sein Vater immer schläft, weil er nachts nach Aliens Ausschau hält. Sogar seinen Geburtstagskuchen muss Luis sich selbst backen, denn sein Vater hat seinen Ehrentag natürlich vergessen. Zudem kommt ausgerechnet an diesem Tag der Rektor seiner Schule zusammen mit der grantigen Frau des Kinderheims zu ihm nach Hause, um dem Vater das Sorgerecht zu entziehen. In dieser Situation landen drei Aliens in Luis Haus auf der Suche nach einer Massagematte, die sie von ihrem Raumschiff aus auf dem irdischen Homeshopping-Kanal gesehen haben. Die freundlichen, überdrehten Wesen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten helfen ihm natürlich in seiner traurigen Situation. Allerdings wird schnell klar, dass es andere überirdische Kräfte gibt, die dem Vierergespann ans Leder wollen.

 

Ich muss zugeben, gerade zu Beginn des Films merkt man ihm das geringe Budget ein wenig an. Die Animation kann mit den neuesten Pixar-Streifen nicht unbedingt mithalten. Die Idee ist eher klassisch und die Aliens erinnern in ihrer Überdrehtheit ein wenig an die Minions, ohne an ihren chaotischen Charme wirklich heranzureichen. Aber eines hat dieser Film: Herz. Man muss Luis von Beginn an einfach mögen, denn sein mühevolles Leben ist stets Spott und Hohn seiner Umgebung ausgesetzt, zumal sein Vater gerne einmal Außerirdischenalarm auslöst und im Bademantel mit einer selbst gebastelten Eiskanone die Nachbarschaft unsicher macht. Das gibt dem Film von Beginn an einen etwas melancholischen Unterton, den die Aliens tatsächlich auch über die gesamte Länge aufheitern können, ohne ihn der Lächerlichkeit Preis zu geben. Die Handlung wirkt zunächst routiniert, hat aber nach hinten raus einen durchaus sehenswerten Showdown parat und überkitscht das Ende auch nicht gänzlich, sondern bleibt bei einem feinfühligeren Ton.

 

So ist „Luis und die Aliens“ ein Kinder- und Familienfilm, der im Ganzen bedacht und nicht zu überladen daherkommt. Die seichte Tragik der Hauptfigur sorgt für ihr Identifikationspotential, wobei die Handlung niemals wirklich ins Absurde abgleitet. Die witzigen, rührenden und spannenden Szenen sind dabei umso wirkungsvoller.  Einen Oscar wird es dafür wahrscheinlich nicht geben, aber immerhin beschert der Film 85 Minuten schöne Unterhaltung und eine Geschichte, die irgendwie doch hängen bleibt. Denn eins ist sicher: Würden wir nicht alle auf fremde Planeten reisen für die perfekte Massagematte? (gepostet: 29.5.2018)