The first Purge (Filmstart: 5.7.2018)

Quelle: www.kino.de
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Die Purge-Reihe ist spätestens seit dem dritten Teil „Election Day“ ein Film mit starken Referenzen zur gegenwärtigen Situation in den USA, zumindest für die Presse. Trump und Clinton fochten ihren Wahlkampf aus, als dieser Teil in die Kinos kam, und natürlich sucht man im mittlerweile zweiten Amtsjahr des derzeitigen Präsidenten im vierten Teil „The first Purge“ ebenso nach entsprechenden Verweisen. Für mich persönlich mutet das ein wenig zu subtil an, angesichts der in der Öffentlichkeit von Chauvinismus und Selbstherrlichkeit durchsetzten Außendarstellung Trumps. Er bietet selbst eigentlich genug Angriffsfläche. Vielmehr liegt der Reiz der Teile 2 und 3, nachdem der erste als reiner Home-Invasion-Horrorfilm daherkam, in der Umsetzung dieser dystopischen Grundidee, dass der Mensch von sich aus ein gewalttätiges Wesen ist, dessen Triebe ab und zu kanalisiert werden müssen. In diesem Sinne ist die „Purge“-Reihe eigentlich eine Geschichte um den immer währenden Konflikt zwischen zivilisatorischem Gehorsam und instinktivem Gewalttrieb, der nicht selten in einer Art perversem Spiel ausartet. So war ich gespannt, unter welchen Voraussetzungen diese Geschichte ihren Anfang genommen hat.

 

In Amerika geschieht etwas Revolutionäres: Eine dritte Partei, die „New Founding Fathers of America“ (NFFA) stellt den neuen Präsidenten. Der zögert auch nicht lange, seine Versprechen um die Eindämmung der Gewalt zu erfüllen, indem er das Konzept der Sozialpsychologin Dr. Updale (Marisa Tormei) aufnimmt und im New Yorker Stadtteil Staten Island das Experiment, von seinem Team die „Purge“ getauft, durchführt. Eine Nacht lang sollen alle Verbrechen legal sein, inklusive Mord. Die Bewohner, speziell in den Armenvierteln, bekommen Geld dafür, dass sie sich an dieser Nacht beteiligen, sogar Prämien werden ausgerufen. Das schmeckt dem Bandenchef Dimitri (Y’lan Noel) zunächst gar nicht und er will sich da heraushalten, zumal seine Ex-Freundin Nya (Lex Scott Davis) und ihr kleiner Bruder Isaiah (Joivan Wade) ebenfalls davon betroffen sind. Erst als eine rivalisierende Gang einen Anschlag auf ihn ausübt, nutzt er selbst die „Purge“ für seine Vergeltung. Doch er ahnt nicht, dass in dieser Nacht in seinem Viertel noch ganz andere Kräfte am Werk sind.

 

„The first purge“ erfüllt als Prequel zu den anderen Filmen zunächst einmal seine Funktion. Die erste Nacht der Säuberung wird als lokales Experiment einer neuen Regierung vorgestellt mit allen Befürwortern und Protestlern, die eine solche Maßnahme mit sich bringt. Neu in diesem Teil ist die Tatsache, dass die Purge nahezu die ganze Zeit live übertragen wird und so zu einem wahren Medienspektakel avanciert, wie man es wahrscheinlich sonst nur beim Super Bowl oder bei der Mondlandung erleben konnte. Nach dem atmosphärisch durchaus mitreißenden Beginn der Nacht wird die Gewalt überraschenderweise gar nicht so sehr von den Bewohnern zelebriert. Sie nutzen die „Purge“ eher für kleine Plünderungen und exzessive Partys mit illegalen Substanzen.

 

Bis zu diesem Punkt empfand ich den Film durchaus als sehr faszinierend. Als jedoch der Präsident merkt, dass die Bevölkerung nicht in seinem Sinne auf die „Purge“ reagiert, gerät er unter Druck und sieht Handlungsbedarf. Danach nimmt der Film eine Wendung, die aus meiner Sicht den Gehalt der bisherigen Purge-Filme ein wenig relativiert, auch teilweise seiner inneren Logik ein wenig widerspricht. Für meinen Geschmack fokussiert die Handlung ein wenig zu sehr die Interessen der staatlichen Gewalt und zu wenig das eigentlich Experimentelle der Säuberungsnacht. Ich belasse es bei dieser Umschreibung, um nicht zu viel zu verraten.

 

Insgesamt ist auch der vierte Purge-Film aber dennoch sehenswert. Mehr Action als Horror für meinen Geschmack, spannend mit durchaus Empathie anregenden Hauptdarstellern wird er wohl die wenigsten Fans der Reihe enttäuschen. Doch da die Handlung in diesem Film eine etwas andere Richtung einschlägt, bin ich gespannt, wie das im nächsten Teil weiter gesponnen wird. Kann gut werden oder sich in Bedeutungslosigkeit verlieren. Mit diesem Film befindet sich die Reihe definitiv an ihrem Scheideweg. (gepostet: 13.7.2018)