Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer (Filmstart: 29.3.2018)

Quelle: www. filmstarts.de
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Michael Ende ist und bleibt für mich der größte deutsche Schriftsteller. Seine „unendliche Geschichte“ ist das Buch, das mir auch im Erwachsenenleben immer wieder neue und fundamentale Inspirationen beschert hat, das mich begleitet und für das ich ihm ewig dankbar bin (darüber könnt ihr hier ausführlich lesen). Auch „Momo“ finde ich grandios und natürlich habe ich als Kind auch jede Folge von „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ in der Augsburger Puppenkiste gesehen. Wer nicht? Und da kommt vor ein paar Monaten ein Trailer daher, der eine Realverfilmung des ersten Buches ankündigt. Die Bilder lassen Grandioses hoffen. Schon seit Wochen träume ich davon, dass dieser Film so etwas ist wie die Reise aus einer Harry-Potter-Zauberwelt durch Mittelerde bis nach Mordor und zwar von Bud Spencer und seinem außerirdischen Kleinen H-7-25. Gestern war Vorpremiere im UCI Bochum, wo ich endlich sehen konnte, ob der Film an meinen immensen Erwartungen zerschellt oder ich doch irgendwie verzaubert den Kinosaal verlassen darf.

 

Der Film hält sich im Wesentlichen an die Romanvorlage. Das ist die erste gute Nachricht, die ich verkünden darf. Wir treffen sie alle wieder. Nicht nur die Titelhelden Jim Knopf (Solomon Gordon) und Lukas (Henning Baum), sondern auch Jims Ziehmutter Frau Waas (Anette Frier), den steifen Herrn Ärmel (Christoph Maria Herbst) und natürlich König Alfons den Viertel-vor-Zwölften (Uwe Ochsenknecht). Weitere deutsche Schauspieler von Rang geben sich hier die Ehre, aber alle nur in kleinen Rollen. Als Alfons Lukas nahelegt, seine geliebte Lok Emma abzuschaffen, weil Lummerland zu klein wird, machen sich der Lokomotivführer und Jim in seinem zu einem Schiff umgebauten Vehikel auf den Weg nach Nirgendwo. Sie landen im Kaiserreich Mandala, wo sie erfahren, dass die Prinzessin Li Si von den Piraten der Wilden 13 entführt worden ist. So machen sie sich auf den Weg hinter das Ende der Welt, um sie zu retten.

 

Eins vorweg: Selbst gemessen an den unzumutbaren Erwartungen, die ich oben geschildert habe, ist dieser Film keine Enttäuschung. Ich bin mir ziemlich sicher, dass in den nächsten Tagen auch eine Menge daran herumgemeckert werden wird. Aber davon sollte sich kein Kinozuschauer abhalten lassen. Natürlich besitzt er nicht diese unfassbare Sogwirkung, mit der der Zuschauer im ersten Harry Potter in die Zauberwelt hineingezogen wird und ebenso wenig sind Lummerland und die von Jim und Lukas durchstreiften Welten genau so faszinierend wie Mittelerde. Doch ohne Zweifel weiß der Film zu verzaubern. Man spürt einen Hauch der Winkelgasse, wenn Lukas und Jim mit ihrer Lok durch die Hauptstraße Mandalas bis zum kaiserlichen Palast fahren. Lummerland versprüht ebenso eine Prise Charme von Hobbingen, nimmt sich aber auch nicht ganz so ernst, was besonders an der sehr komischen Darstellung des Königs durch Uwe Ochsenknecht liegt. Der Rest ist die Umsetzung der von Michael Ende erdachten Welten in klassischen Filmkulissen, zwar mit weniger Budget als in den oben genannten Filmen, aber nicht unbedingt mit weniger Liebe zum Detail. Der Film umschmeichelt sein Thema, ohne es mit den großen Blockbustern ernsthaft aufnehmen zu wollen und ehrt damit seinen Schöpfer, der auch nie ein Tolkien sein wollte, weil seine Phantasiewelten zwar weniger detailliert ausgefeilte Logik, aber dafür mindestens genauso viel Seele besitzen.  

 

Was die schauspielerische Leistung angeht, muss man besonders „Jim Knopf“ Solomon Gordon ein großes Lob aussprechen. Seine kindliche Abenteuerlust und seine Sehnsucht, die wahren Umstände seiner Herkunft herauszufinden, nimmt man ihm nicht nur jederzeit ab, er weiß auch jede Situation, der er und Lukas sich auf ihrer Suche stellen müssen, in seinem jungen Gesicht wiederzugeben und hat damit ein enormes Identifikationspotential für den Zuschauer. Auch die anderen Schauspieler enttäuschen nicht. Lediglich „der letzte Bulle“ Henning Baum als Lukas ist so eine Sache. Im Fußballerjargon würde man sagen, dass er nicht immer „Bindung zum Spiel“ hat. Das ruppige, grobschlächtige des Lokomotivführers gehört ohne Zweifel in sein Repertoire, aber wenn es um den weichen Kern geht, um seine Beziehung zu Jim Knopf und seiner Liebe zur „alten Emma“, kommt er nicht immer ohne Probleme über den Zaun. Da ist für den (von mir jetzt schon sehnsüchtig erwarteten) zweiten Teil noch Luft nach oben.

 

Ansonsten darf sich meiner Meinung nach das deutsche Filmschaffen rühmen, einen Stoff aus unseren Kinderzimmern zu einem wunderbaren Film mit bescheiden epischen Ausmaßen umgesetzt zu haben. Weg von den ewig gleichen Tatort-Thrillern und Haushaltskomödien mit Mut zu anderen Genres, wie ich es auch schon bei Heilstätten gelobt habe. Ins Kino gehören diese schönen Bilder allemal. Also, seht ihn Euch an! Es lohnt sich!  (gepostet: 26.3.2018)