Annabelle 3 (Filmstart: 4.7.2019)

Quelle: www.cinemaxx.de
Quelle: www.cinemaxx.de

Indem ich mich schon ein paar Mal über den neuen Film des „Insidious-Universums“ ausgelassen habe, ohne ihn zu sehen, habe ich mich ja gewissermaßen zur Ansicht verpflichtet. Vergammeltere Vorschusslobeeren als „La Llorona“ kann ein Film kaum haben, daher ist es vielleicht sogar zwangsläufig, dass ich ihn im Nachklang so schlecht gar nicht finde. Aber bevor ich darauf eingehe, will ich etwas ausschweifen, um hinterher nicht abzuschweifen.

 

Offenbar gibt es in den USA nahezu eine ganze Bewegung von Geisterjägern, die in nicht wenigen „Doku-Serien“ regelmäßig auf paranormale Ereignisse stoßen. Den Beweis dafür liefert zum Beispiel die Häufung dieser Formate auf dem Sender TLC. Nun haben diese Menschen gemeinsam, dass sie in einer Art pseudowissenschaftlichen Ausschlussverfahren stets unmittelbar von Geister- und Dämonenerscheinungen ausgehen, wenn sie etwas untersuchen. Mehr noch: Sie stellen Expertisen, die klingen wie „Bei solchen Geistern ist das so und so“ oder „Wir haben es hier eindeutig mit einem nichtmenschlichen Geist zu tun“. Sie verschanzen sich also hinter einer Art Geister-Empirie, die eigentlich aus einem willkürlichen Wirrwarr aus Folklore, Gothic- und Geisterliteratur sowie Aberglauben zusammengemischt ist. Die Ikonen dieser Bewegung sind die Eheleute Warren, deren Aktivität und Sammlung von angeblich dämonischen Gegenständen auch die Filmemacher von „Insidious“ inspiriert hat.

 

Für die Filme gesellt sich noch die Vorstellung hinzu, dass „böse“ Geister und Dämonen durch christliche Symbole abgewehrt werden können. Dass dies seinen Ursprung sowohl in der Literatur als auch in einigen Praktiken christlicher Fundamentalisten hat, erscheint mir eindeutig. Ich habe das nur so ausgeführt, weil auch „Annabelle 3“ sich in dieser Glaubenswelt situiert und die eigentliche Geschichte, wie erwartet, dieses Fundament auch nicht verlässt. Wie üblich gibt es keine erzählerischen Erklärungen für irgendwas (was ja gerade die Stärke anderer Horrorfilme ist) außer, dass die „böse“ Puppe Annabelle Geister anzieht. Insofern ist der Film tatsächlich ziemlich schlecht.

 

Aber es gibt auch einige Lichtblicke. Am Anfang wird Annabelle wieder in das obskure Panoptikum der Warrens gebracht und mit einigen Segnungen in einem Glaskasten gebannt. Die Warrens vereisen dann und lassen ihre Tochter Judy (Mckenna Grace) zusammen mit ihrer Babysitterin Mary Allen (Madison Iseman) alleine. Judy hat am nächsten Tag Geburtstag und ist sehr deprimiert, weil auf Grund eines Zeitungsartikels über ihre Eltern sämtliche ihrer Schulkameraden ihre Geburtstagsparty abgesagt haben. Also will Mary Allen mit ihr zusammen ein wenig feiern. Die Party stört gewissermaßen Mary Allens Freundin Daniela (Katie Sarife). Sie will unbedingt ins Haus der Warrens, um herauszufinden, was es mit den Geistern auf sich hat. Das gelingt ihr auch und sie befreit Annabelle, was natürlich eine regelrechte Invasion von Geistern zur Folge hat. Aber Daniela ist auf der Suche nach dem Geist ihres Vaters, der ein paar Monate zuvor bei einem Autounfall gestorben ist, bei dem sie am Steuer saß. Außerdem tröstet sie Judy und so werden die drei Mädels zu einem Trio zusammengeschweisst, das mit allen Mitteln versucht, diese Nacht zu überleben.

 

Die angesprochenen Lichtblicke betreffen genau diese kleinen Facetten der Handlung im Film, die Beziehung zwischen den drei Protagonistinnen und die doch ganz rührige Geschichte um Daniela. Oberflächlich gesehen sind es drei Frauen, die in „Scream“ keine fünf Minuten überlebt hätten. Aber zumindest ihre Dynamik hält in der ersten Hälfte die Aufmerksamkeit hoch. Gar einen witzigen Charme versprüht der Film, wenn ein Verehrer Mary Allens, der Supermarktangestellte Bob (Michael Cimino), auftaucht und ihr seine Avancen macht. Bis der Spuk beginnt: Dann wird es eher langweilig, wenn alle alleine durch das spukende Haus streifen und alle möglichen Erscheinungen sehen, die wahrscheinlich auf „dokumentierten Fällen“ der Warrens beruhen.

 

Unter dem Strich ist „Annabelle 3“ also als Horrorfilm wie erwartet schlecht, allerdings mit einigen unterhaltsamen Facetten, die sich fast ausschließlich in der ersten Hälfte des Films befinden.  Dass sich freiwillige und unfreiwillige Komik hier sogar die Waage halten, rechne ich den Autoren und Produzenten hoch an. Wer also wie ich „Spiderman“, „Men in Black“ etc. schon gesehen und die Taschentücher für „Yesterday“ und „König der Löwen“ vergessen hat, kann sich „Annabelle 3“ ja einmal anschauen. Schlaflose Nächte wird er kaum jemandem bereiten. (gepostet: 1.8.2019)