Filme mit zweifelhaften Botschaften gehören für mich zum Schlimmsten, was ich im Kino sehen kann. Wenn eine Handlung so überhaupt nicht in irgendeiner Lebenswirklichkeit verhaftet ist, die Welt nach den Regeln einer Ideologie „funktioniert“ und diese Ideologie sich in der Geschichte einnistet, dann kann es schnell passieren, dass mir alle Beteiligten an einem Film zuwider sind. Es ist ebenso der einzige Fall, in dem ich den Kinobesuch explizit nicht empfehle. So ist es mir bei I can only imagine ergangen und der NDR hat über „The secret“ eine ganz ähnliche Kritik verfasst. Sollte man also diesen Film großräumig umfahren? Ich habe es nicht getan.
Miranda (Katie Holmes) ist Witwe und Mutter von drei Kindern. Sie hält sich mit einem Kellnerjob über Wasser und versteht sich privat so gut mit ihrem Chef Tucker (Jerry O’Connell), dass alle sie für ein Paar halten. Aber sie hat Geldsorgen. Die werden richtig akut, als ein Hurricane ihr Haus beschädigt. Doch rechtzeitig kommt ein mysteriöser Fremder namens Bray (Josh Lucas), der ihr offenbar etwas Wichtiges sagen will. Er hilft ihr, ihre Existenz zu retten, und zeigt sich auch sonst als der perfekte Gentleman. Doch ein Geheimnis hat er und das scheint unweigerlich zwischen ihm und Miranda zu stehen.
Der NDR schreibt, dass dieser Film nicht nur grottenschlecht ist, sondern auch eine zweifelhafte Botschaft transportiert. Gemäß des 2000er Selbsthilfe-Bestsellers „The secret“ würde hier konstatiert, dass jeder an seinem Unglück selbst Schuld sei und nur „richtig“ träumen müsse, damit alles Gute sich erfülle. Dass in einem Land wie dem unseren, in dem vielfach Menschen die Schuld an ihrem Unglück einfach auf andere schieben, diese Message nicht gut ankommt, erscheint mir folgerichtig. Aber die Handlung hat nicht unbedingt nur diesen einen Ton. Denn eigentlich ist Miranda tatsächlich unglücklich, weil sie an ihr Unglück glaubt. Um sie herum sind eigentlich nur nette Menschen. Ihr Chef ist verliebt in sie, ihre Kinder sind artig und wohl erzogen und selbst ihre Schwiegermutter versucht, ihr zu helfen, wo sie kann. Natürlich ist sie knapp bei Kasse und als ein Baum auf ihr Dach stürzt, ist ihre Existenz sehr gefährdet. Doch da taucht mit Bray ein noch netterer Mensch auf und hilft ihr. Aber Miranda glaubt weiterhin nicht daran, dass sie Glück in ihrem Leben hat.
Nehmen wir die ganze Geschichte einmal als etwas weniger existentialistisch und schauen nur auf diese Faktoren, so sehe ich die Handlung des Films als vollkommen einleuchtend an. Es geht nicht darum, dass man „nur“ richtig träumen muss. Es geht darum, dass man das Glück in seinem eigenen Leben nur allzu leicht übersieht, wenn man sich nur an das Unglück klammert. Diese Message finde ich durchaus akzeptabel und keinesfalls gefährlich. Darüber hinaus ist es ein Liebesfilm, den man mögen kann oder nicht. Es ist nicht der ganz große Wurf, aber durchaus unterhaltsam und irgendwie auch süß.
Somit ist „The secret“ Geschmackssache. Kann man sich ansehen, wenn man einmal genug von Nerven zerfetzenden Thrillern hat, sich zurücklehnen und ein paar nette Menschen sehen will. Vielleicht hätte der Kollege vom NDR sich einmal seiner Es-gibt-aber-auch-Schlechtes-in-der-Welt-Brille entledigen und so einen Film als das sehen sollen, was er ist. Eine schöne Geschichte. Denn die gibt es bei allem Unheil auch. Man muss sie nur sehen. (gepostet: 7.9.20)