Guy Ritchie kehrt offenbar zurück zu seinen filmischen Anfängen. Wenn man sich den Trailer oder die Beschreibungen zu seinem neuen Film „The Gentlemen“ ansieht, wird man unweigerlich an sein Debüt „Bube, Dame, König, Gras“ erinnert. Harte Gangster, riskante Betrügereien und jede Menge Stoff. Nun waren für mich seine letzten beiden Filme nahezu ambivalent. Während ich bei „King Arthur“ fast aus dem Kino gegangen wäre, war „Aladdin“ wirklich ein großer Spaß. Da ich sonst keinen Film von ihm gesehen habe, war ich gespannt, wie er sich in seiner Paradedisziplin macht.
Mickey Pearson (Matthew McConaughey) ist ein Self-Made-Gangsterboss in England, der sein Geld mit einem ausgeklügelten und weit verzweigten Netz von Marihuana-Plantagen verdient. Nun aber will er sich aus dem Geschäft zurückziehen und bietet Matthew (Jeremy Strong), einem anderen Drogenbaron, seine gesamte Habe zum Preis von 400 Millionen Dollar an. Das bekommt der windige Fletcher (Hugh Grant) mit und versucht nun über Mickeys rechte Hand Raymond (Charlie Hunnam) den Gangster zu erpressen. Aber auch der skrupellose Asiate Dry Eye (Henry Golding) und der Boxlehrer Coach (Colin Farrell) mit seinen Schülern mischen in dem Spiel mit. Bei so viel kriminellem Potential ist das Chaos vorprogrammiert.
In bestimmten Kreisen hat dieser Guy-Ritchie-Film sicher wieder das Zeug zum Kult. In der Rahmenhandlung kommt Fletcher zu Raymond und erzählt ihm die Geschichte von dem Verkauf der Plantagen. Dabei bekommt der Zuschauer viele eher kurze Szenen zu sehen, gewürzt mal mit Wortwitz, mal mit etwas Brutalität, hier kommen die typischen Merkmale eines Gangsterfilms zum Tragen. Zwischendurch gibt es auch in der Rahmenhandlung Hinweise auf die Ereignisse, die später aufgelöst werden. In der Konfrontation der Gangster kommt es immer wieder zum Kräftemessen von durchaus skrupellosen Charakteren. Es gibt also Einiges, das den Zuschauer bei der Stange halten kann.
Mein Problem mit dem Film ist, dass er im Ganzen keine wirklich interessante Story liefert. Die Erzählstrategie wirkte auf mich von Anfang an ermüdend. Der Humor des Films beschränkt sich auf Szenen, in denen coole Gangster coole Gangstersachen tun und dabei von noch cooleren Gangstern gestört werden. Es gibt keine Schwächen, keinen einzigen wirklichen Moment, der einen Film wie „Pulp Fiction“ so unsterblich macht, nämlich der Bruch mit dem Gangsterklischee. Die Hälfte des Films bringt der Zuschauer damit zu, bis die Story ein wenig Fahrt aufnimmt, in einigen Szenen sogar noch richtig vielversprechend wird, um sich dann wieder auf seinen gewöhnlichen Reiz zurückzuziehen. Ein paar Twists am Ende versöhnen insgesamt noch mit der Handlung, ebenso wie Colin Farell als Boxtrainer „Coach“. Sowohl die Figur als auch die schauspielerische Umsetzung mochte ich sehr.
So ist „The Gentleman“ unter dem Strich sicher ein Leckerbissen für Freunde des Genres humoristischer Gangsterfilm. Wer so etwas mag, wird sicher nicht enttäuscht sein. Auch wird der Film wohl in Zukunft bei etlichen Heimkinoabenden laufen, denn für eine Gruppe von Menschen im Besitz entsprechender Rauschmittel ist er auch zu späterer Stunde von nicht zu unterschätzendem Unterhaltungswert. Im Kino allerdings, mit voller Konzentration auf das Leinwandgeschehen, ist er für meinen Geschmack etwas so eindimensional, verheißt zuweilen Handlungsintelligenz, die er aber im Ganzen nicht hat, und langweilt in seiner Art an einigen Stellen erheblich. Da hatte ich bei „Aladdin“ dann doch mehr Spaß. (gepostet: 9.3.2020)