Ob es am Herbst liegt? Man weiß es nicht, aber Filme über die Tücken des Älterwerdens haben wir die Tage gleich zwei in den Kinos. Till Schweigers Neuester, „Klassentreffen 1.0“, war mir ehrlich gesagt schon beim zweiten Lauf des Trailers zu stumpfsinnig, so dass ich mir den gar nicht erst ansehe. Bleibt also der andere, ein Film mit dem Titel „Book Club“ über vier in Würde gealterte Damen (das gilt für Figuren wie für Darsteller), die sich seit 40 Jahren monatlich treffen, um Bücher zu besprechen. Jane Austin, dachte ich sofort, wenn man Glück hat Agatha Christie, aber es kam dann doch etwas anders.
Die Hotelmanagerin Vivian (Jane Fonda), die Bundesrichterin Sharon (Candice Bergen), die Ehefrau und Charity-Aktivistin Carol (Mary Steenburgen) und schließlich die inzwischen Oma gewordene Wittwe Diane (Diane Keaton) besprechen in ihrem Buch-Klub „Fifty Shades of Grey“. Zuerst sollte es ein Spaß werden, doch schnell merken sie, dass diese Lektüre ihre Leben auf unterschiedliche Weise beeinflusst. Vivian hatte seit dem einzigen Heiratsantrag, den sie vor 40 Jahren bekommen hat, jede Menge Liebschaften, aber keine Beziehung. Sie will nicht, weil sie nicht neben einem Mann schlafen kann, sagt sie. Doch dann trifft sie ausgerechnet ihre alte Jugendliebe Arthur (Don Johnson) wieder. Sharon hat selbst nach 18 Jahren immer noch mit den emotionalen Folgen ihrer Scheidung zu kämpfen, zumal ihr Ex-Mann nun eine jüngere Freundin hat. Sie entschließt sich, Online-Dating zu machen und gleich beim ersten Mal ist es, in Person des Steueranwalts George (Richard Dreyfuss), eine besondere Begegnung. Carol fühlt sich von dem Buch bemüßigt, ihren Mann Bruce (Craig T. Nelson) wieder an seine sexuellen Leistungen der Jugendzeit zu erinnern. Doch der scheint gegen ihre Avancen immun, was ihre Ehe in eine Krise stürzt. Schließlich Diane: Sie soll auf Anraten ihrer Tochter Jill (Alicia Silverstone) von L.A. nach Arizona kommen, um dort eine barrierefreie Wohnung im Keller zu beziehen, wegen der Gefahren im Alter. Doch auf dem Flug dorthin lernt sie Mitchell (Andy Garcia) kennen, der ihr ganz andere Angebote macht.
Eine Beziehungskomödie mit Episodenfilmcharakter und richtigem Staraufgebot. So ein Regiedebüt erregt Aufsehen, dachte sich wohl auch der Regisseur Bill Holdermann und behielt damit Recht. Die 10 Millionen Dollar Produktionskosten, reichlich wenig heutzutage, investierte er hauptsächlich in schauspielerische Qualität. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Book Club ist eine wunderschöne Komödie geworden, eine Hommage an das Leben mit dem Altern. Im Unterschied zu vielen deutschen Produktionen, die ähnliche Themen haben, wird hier keine einzige Figur zu irgendeinem Zeitpunkt der Lächerlichkeit Preis gegeben. Man lacht mit ihnen, nicht über sie, um mal eine alte Phrase zu bemühen. Mutig, beherzt, emotional und lebensfroh machen sich die vier Frauen daran, ihre Probleme mit dem Alltag zu meistern, die alle irgendwie mit der Lektüre von „50 Shades of Grey“ zu tun haben. Die Männer haben auch ihre Macken, ebenso ihre Probleme mit dem Leben. Aber niemals lässt sich die Handlung auf Männer-sind-Schweine-Frauen-auch-Niveau herab, statt Klischees gibt es sehr viele Menschlichkeiten zu sehen und viele wunderbare Dialoge, die einem immer wieder die Lachfalten ins Gesicht treiben. Und mit denen sieht bekanntlich keiner alt aus.
Der Film könnte einen fast dazu animieren, auch Till Schweiger noch einmal eine Chance zu geben. Aber nein, das lasse ich. Vielmehr freue ich mich, dass mit „Book Club“ momentan eine Komödie im Kino läuft, die auf klassische Dialog- und Situationskomik setzt, grandiosen Schauspieler, die man teilweise länger nicht gesehen hat, eine Bühne bietet und die ich erfreulicherweise jedem vorbehaltlos ans Herz legen kann. Traut Euch, auch wenn der Titel nicht sehr cool klingt. Ich denke, die wenigsten werden es bereuen (gepostet: 1.10.2018)