Deadpool 2 (Filmstart: 17.5.2018)

Deadpool ist innerhalb des Marvel-Universums sicher eine bemerkenswerte Figur. Bereits in seinem Debüt 1991 ist er als „Antiheld“ mit soziopathischen Tendenzen angelegt, der sich irgendwo in Reichweite der X-Men aufhält und dabei besonders durch seinen Sarkasmus und durch das Durchbrechen der so genannten „Vierten Wand“, also durch Kommentare auffällt, die er an das Publikum richtet. Vor zwei Jahren gab es dann nach langem Ringen die erste Verfilmung. Sie wurde einer der Überraschungserfolge des Jahres und konnte, trotz geringer Erwartungen, vom Einspielergebnis her mit den großen Marvel-Verfilmungen mithalten. Dabei pendelt der erste Teil stets zwischen seiner eigenen Handlung und der Parodie auf viele andere Superhelden, stellt etliche Bezüge zu anderen Filmen und Phänomenen der Popkultur her, was sicher einen großen Reiz für die eingefleischte Fangemeinde darstellt. Der zweite Teil ist somit tatsächlich das Ergebnis dieses Überraschungserfolgs und ich habe mir beide in einem Double-Feature angesehen.

 

Der erste Teil als Vorgeschichte: Wayde Wilson (Ryan Reynolds) ist ein ehemaliger Soldat der Special Forces und arbeitet als Auftragskiller (obwohl er nicht immer nur tötet) für eine Organisation, die solche Dienste vermietet. In der Zentrale der Organisation, einer dunklen Bar, lernt er die schöne Vanessa (Morena Baccarin) kennen. Die beiden verlieben sich und werden ein Paar. Als das Glück nahezu perfekt zu sein scheint, wird bei Wayde ein aggressiver Krebs im Endstadium diagnostiziert. Seine einzige Hoffnung ist die Behandlung mit einem Serum, das die Mutationsfähigkeit seiner Gene beeinflusst. Dazu begibt er sich in die an einen Folterkeller erinnernde Klinik des grausamen Mediziners Ajax (Ed Skrein). Der foltert ihn wochenlang, nachdem er ihm das Serum gespritzt hat, weil die Mutation der Gene angeblich nur durch Adrenalin in Gang gesetzt werden kann. Zwar ist die Behandlung letztlich ein Erfolg, doch trägt Wayde als Folge Narben am ganzen Körper. Außerdem eröffnet Ajax ihm, dass er ihn weiter gefangen halten wird, weil die Folter für ihn großen Spaß bedeutet. Wayde kann sich befreien und dank seiner enormen Kräfte erfindet er die Superheldenfigur Deadpool, um sich an seinem Peiniger zu rächen.

 

Der zweite Teil: Deadpool ist völlig fertig und bemüht sich, seinem Leben ein Ende zu setzen, was ihn allerdings dank seiner Selbstheilungskräfte nicht gelingt. Sein alter Kumpel Colossus (Stefan Kapicic) von den X-Men nimmt ihn daher bei sich auf und versucht ihn, für die X-Men zu gewinnen. Bei einem der Aufträge stoßen sie auf den jungen Mutanten Russel (Julian Dennison), der sich „Firefist“ nennt, weil er aus seinen Hände Feuer schießen kann. Die erste Auseinandersetzung endet für Deadpool und Firefist im Gefängnis, wo sie sich anfreunden. Ihr Ausbruchsversuch gelingt, doch sie müssen schnell feststellen, dass es der zeitreisende Mutant „Cable“ auf den Jungen abgesehen hat. So nimmt Deadpool mehr oder weniger freiwillig Russel unter seine Fittiche, um dessen Leben zu retten und seinem eigenen wieder einen Sinn zu geben.

 

Den Erfolg des ersten Deadpool-Films kann ich irgendwie nachvollziehen. Dank seiner parodistischen Anlage, den derben Sprüchen und den vielen Bezügen zu Marvel und anderen Welten fühlen sich viele Fans sicher enorm angesprochen, wenn der Held mit seiner schwarz-roten Maske sich an die Zuschauer wendet und seine Kommentare zum Geschehen ablässt. Der unbedarfte Zuschauer, zu denen ich mich zähle, könnte nach dem Trailer allerdings einen Film erwarten, der von Humor und Absurdität eher an die alten Mel-Brooks-Filme erinnert oder die des Teams Zucker/Abrahams/Zucker (Die nackte Kanone und dergleichen). Das ist es nicht. Im Gegenteil schlagen beide Filme auch stets sehr ernste Themen an: Krebs, Folter, Tod, aber die Handlung an sich ist eher auf derben Witz angelegt. Das funktioniert meiner Ansicht nach nur so lange, wie der Zuschauer sich eben von den ganzen Anspielungen angesprochen fühlt. Sobald das nicht mehr der Fall ist, steht man hinterher etwas ratlos vor dem Kinosaal und fragt sich, ob das alles nun so witzig war oder doch eher tragisch.

 

Dabei kann man sagen, dass der erste Film zumindest noch, dank seines Protagonist-Antagonist-Musters, eine gewisse Orientierung bietet. Deadpool 2 räumt damit völlig auf und setzt noch mehr auf eher absurde Ideen und Anspielungen, was durchaus Sinn ergibt, wenn man (von Wikipedia) weiß, dass Deadpool-Erfinder Rob Liefeld mit den Comics in den 90ern ähnlich verfuhr, weil er jeden Tag mit ihrer Absetzung rechnete. Was im zweiten Film allerdings übrig bleibt, ist eine Vielzahl durchaus lustiger, absurder aber auch brutaler und zweitweise trauriger Szenen, die dem Film doch letztlich eine durchgehende Atmosphäre verwehren. Und am Ende fragt man sich tatsächlich, was das alles sollte.

 

Deadpool 2 ist weiß Gott kein schlechter Film. Aber er ist für Fans, der Comic-Serie und des ersten Teils, was ich unschwer daran erkennen konnte, das der halbe Kinosaal sich vor Lachen in die Hose gemacht hat, während ich etwas desorientert dazwischen saß.  Wohl ist der Film auch genau so gemeint, für Kenner und Fans. Für den unbedarften Zuschauer funktioniert er etwas weniger gut und obwohl es einige Szenen zum Lachen gibt, setzt er einerseits zu viel auf die Handlung mit ihren ernsteren Aspekten, um wirklich Satire zu sein, aber wiederum zu wenig, um als erzählte Geschichte richtig zu fesseln. Insofern würde ich sagen, geht rein, wenn es Euch interessiert, ansonsten wartet noch ein paar Tage, dann seid ihr endlich SOLO! (gepostet: 20.5.2018)