Pseudonyme oder: "Bist Du im Alltag schizophren?"

Copyright: Britta Wisniewski
Copyright: Britta Wisniewski

Ein Gastbeitrag von Britta Wisniewski

 

Britta Wisniewski ist Autorin und ehemalige Verlegerin. Sie schreibt seit über 20 Jahren und fand mit ihrer Verlegertätigkeit den Mut, auch ihre eigenen Bücher zu veröffentlichen. Der Verlag ging, die Liebe zum Schreiben blieb. Neben ihren Büchern, Gedichten und Kurzgeschichten schreibt sie Blogartikel im Bereich (Autoren-)Marketing und Persönlichkeitsentwicklung.

 

Facebookseite, Autorin auf Amazon
Eigener Blog: Mea-Prinzip

Gastartikel auf: www.lcc-blog.com

 

Ich habe mein Pseudonym aufgegeben. „Jennifer de Bricassardt“, die viele Jahre mein „alter Ego“ war, gehört seit einigen Tagen der Vergangenheit an. Und ich stelle fest, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe, aber um Euch das zu erklären, muss ich ein wenig in die Vergangenheit ausholen.

 

Warum ein Pseudonym?

 

Als ich anfing, zu schreiben, habe ich mir über alles, was mit der Veröffentlichung eines Buches zu tun hat, keinerlei Gedanken gemacht. Ich war eine Leseratte und derjenige, der auf dem Cover stand, der hatte das Buch eben geschrieben. So einfach war das. Wann mir zum ersten Mal bewusst wurde, dass es Menschen gibt, die erfolgreich Bücher verkaufen, und die ich nicht einmal erkennen würde, wenn sie sich mir persönlich vorstellen, kann ich nicht mehr sagen, aber ich maß auch diesem Umstand jetzt nicht wirklich viel Bedeutung zu – bis ich zum ersten Mal im Rahmen meiner Verlegertätigkeit damit konfrontiert wurde. Gleich eine meiner ersten Autorinnen hatte nämlich das Problem, dass sie selbst Teile ihrer eigenen Story als so brisant empfand, dass sie wünschte, sie nicht unter ihrem realen Namen zu veröffentlichen. Ein Wunsch, dem ich, ohne zu zögern, nachkam, maß ich diesem Umstand doch nicht unbedingt viel Bedeutung zu: Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte!

 

Du kannst Dich nicht verstecken, wenn Du Werbung machen willst!

 

Welchen Sinn macht ein Pseudonym, außer dem Wunsch nachzukommen, nicht erkannt zu werden? Erfolgreiche Autoren würden jetzt sagen … „Naja, wenn ich ein Buch herausbringe, bei dem ich nicht sicher bin, dass es bei meiner Leserschaft ankommt, dann mach ich das unter Pseudonym und schaue erstmal, wie es angenommen wird, damit mein bisher guter Name keinen Schaden nimmt!“ So weit, so gut! Für einen ungeübten Autor hat ein Pseudonym allerdings nichts als Nachteile bereit! Denn die Kernfrage lautet doch: Wie weit identifizierst Du Dich? Und zwar nicht nur mit dem Buch, sondern auch mit Dir? Mit Deinem Namen, mit Deinem Pseudonym, mit dem „Projekt Buch“ als solches?

 

Viele Gründe dafür – sind viele Gründe dagegen!

 

Scheinbar gab es auch für mich gute Gründe, mich bei der Veröffentlichung meiner Bücher für die Wahl eines Pseudonyms zu entscheiden. Hatte ich derzeit doch selbst einen Verlag und wollte um keinen Preis in den Ruf kommen, diesen nur als Deckmantel für meine eigenen Veröffentlichungen zu benutzen! Aber was suggerierte ich meiner Umwelt mit der Wahl meines Pseudonyms wirklich? Waren es nicht eher Dinge wie:

  • Ich habe Angst vor Eurer Meinung und noch mehr davor, dass sie negativ ist und sich Eure schlechte Meinung auch auf mein Wirken als Verlegerin auswirken könnte!
  • Ich stehe weder dazu, einen Buchverlag zu führen, noch dazu, selbst Bücher zu schreiben und selbst wenn ich beides gut machen sollte, habe ich Angst vor dem Erfolg!

Zum Zeitpunkt meiner Entscheidung habe ich mir über „Metaprogramme“ und „versteckte Botschaften“ im Handeln von Menschen noch keine Gedanken gemacht! Umso mehr hinterfrage ich heute die Aussagen, die ein Mensch durch sein Handeln und seine Entscheidungen trifft. Und darf jetzt – nur für mich – anerkennen, dass die Entscheidung für ein Pseudonym die falsche Entscheidung war, denn: Ich schränkte meine Wirkung ein und zwar um mindestens 75%!

 

Einfach mal logisch denken!

 

Die meisten Menschen kennen Dich unter Deinem realen Namen. Du Dich selbst auch! Und wie oft kommt es in einem Gespräch vor, dass es rein zufällig auf Hobbies kommt! Und dann in einem Nebensatz erwähnt wird: „In meiner Freizeit schreibe ich!“. Wenn Du also jetzt jemanden neu kennenlernst – glaubst Du ernsthaft, dass dieser sich – selbst wenn sein Interesse noch so groß ist, zusätzlich zu Deinem Namen auch noch Dein Pseudonym merkt? Ich kann Dir aus fünf Jahren Praxis sagen: Wenn Du das richtige gewählt hast, mit Sicherheit nicht! Und damit hast Du Deinen Erfolg schon das erste Mal erfolgreich verhindert! Selbst wenn Du so schlau warst, in den Beschreibungen Deines Pseudonyms Hinweise auf Deinen Klarnamen einzufügen – Google ist gnadenlos! Und solltest Du nicht gerade SEO in Perfektion beherrschen, wirst Du feststellen, dass es schier unmöglich ist, die Suchmaschinen dieser Welt darauf zu trimmen, dass sie bei der Suche nach einem Namen den zweiten gleich mit anzeigen – und zwar in beide Richtungen!

 

Fantasie bei der Namenswahl ist tödlich!

 

Niemand – und ich betone es – NIEMAND!!! wäre bei mir, die mit „Wisniewski“ einen polnisch klingenden Namen trägt, auf ein Pseudonym gekommen, das aus dem französischen Sprachraum stammt! Und – bei aller Romantik: Kaum einer konnte sich den wohlklingenden Namen „Jennifer de Bricassardt“ auch nur ansatzweise merken. Anfangs selbst ich nicht, was zu wiederholten Schreibfehlern auf Covern und in Beschreibungen führte. Dinge, die in der Buchwelt niemand braucht! Suchmaschinen am allerwenigsten!

 

Last, but not least: Was sagt Dein Gefühl?

 

Bist Du der oder die, die Du unter Deinem Pseudonym vermarkten willst? Dann lässt Du Dir am besten recht zügig diesen Namen auch in den Personalausweis eintragen! Und lebst für die Zukunft mit einer Namensänderung. Alles andere kann nämlich zu dem Effekt führen, den ich lange Jahre erlebte, ohne ihn wirklich beim Namen nennen zu können: Du bist nicht, was Du sein willst! Traf ich auf Menschen, bei der Arbeit, privat etc. war ich nicht Jennifer de Bricassardt sondern einfach Britta Wisniewski. Und DIE wiederum hatte höchstens verlagstechnisch mit Büchern zu tun und hat es seit 2017 gar nicht mehr. Ich hatte also eine selbstgewählte Distanz zu meinen eigenen Büchern aufgebaut, die daraufhin seelig unter meinem Pseudonym vor sich hin schlummerten. Sie waren nicht mehr Teil meines Lebens – wie also konnte ich erwarten, dass sie sich verkauften?

 

Mache es Dir leicht – Bleib Du selbst!

 

Wenn Du schreiben willst, schreib! Wenn Du veröffentlichen willst, veröffentliche! Wenn Du Lesungen machen willst – tu es! Aber mach es Dir nicht schwerer, als es sein muss! Mit der Wahl eines Pseudonyms steht ein Autor am Markt nämlich erstmal sich selbst – und damit seinem eigenen Erfolg - im Weg!

 

Vielen Dank Britta für diese wichtigen Fragen und sehr guten Antworten zu diesem Thema, das mich selbst eine Zeitlang beschäftigt hat. Ich bin sicher, viele weitere Autoren stehen vor ähnlichen Entscheidungen.