Emoji-Flut? Ja, bitte! Aber bitte richtig

Ein Gastbeitrag von Olga Krouk. 

Olga Krouk ist Autorin für Fantasy, Romantic Thrill und Jugendbücher und hat zuletzt das Buch "Ewiglich Dornröschen? ... Kiss my ass" veröffentlicht.

Homepage: www.olgakrouk.de

 

Zuerst einmal eine Geschichte: Vor einer langen Zeit habe ich einen Beitrag einer Autorenkollegin zu ihrem neuen Roman gesehen. Sie hat ihr Cover mit einem halbnackten, muskelbepackten Kerl gepostet und sinngemäß dazu geschrieben: „Oh mein Gott, ist er nicht heiß? Wer braucht jetzt noch eine kalte Dusche?“ (Zwinkersmiley, Herzchen, Küsschen) Ach du meine Güte, dachte ich mir. Wie unglaublich albern. Wie peinlich.

 

Es hat lange, leider viel zu lange gedauert, bis ich begriffen habe, was für ein kluger Post das in Wirklichkeit war. Die besagte Kollegin hatte ein Ziel, ihr Buch zu vermarkten, und dieser Beitrag hat genau das bewirkt, was sie wollte: Er hat ihre Zielgruppe wie ein Magnet angezogen und alle anderen, die nicht dazu gehörten (mich inklusive) abgeschreckt. Ein perfekter Marketingbeitrag ohne Vortäuschung von falschen Tatsachen, ohne Augenwischerei - mit wenigen Zeilen wurde mir gesagt: Hey, dieses Buch ist vermutlich nichts für dich. Verschwende nicht deine Zeit und dein Geld darauf. Besser hätte man das kaum machen können.

 

Inzwischen ist mir klar geworden: Wenn ich mich als Autorin in die sozialen Netzwerke hineinwage, muss ich mich entscheiden, warum ich das tue. Möchte ich meine Zielgruppe erreichen, um später meinen Roman zu promoten? Möchte ich Unterstützung bei Schreibblockaden finden? Möchte ich mit Kollegen kommunizieren? So wie mein Manuskript nicht gleichzeitig pferdebegeisterte Mädchen, Autorenkollegen und Professoren der Harvard-Universität ansprechen kann, kann auch mein Sozial-Media-Auftritt nicht alle gleichzeitig bedienen. Eine ganz einfache Sache, die ich allerdings erst mit der Zeit begriffen habe.

 

Vor etwa zwei Monaten habe ich mich bei Instagram angemeldet – um meine Zielgruppe zu erreichen, um mit ihr zu kommunizieren und sie besser zu verstehen. Bevor ich auf den Anmeldeknopf gedrückt habe, habe ich ganz laut gesagt: Es ist mir völlig wurscht, was meine Autoren-Kollegen von diesem Account halten werden. Oder was Harvard-Professoren dazu sagen. Ich mache das für meine Zielgruppe. Für sie ganz allein.

 

Mit einem Klick bin ich in eine vollkommen andere Welt eingetaucht: Plötzlich war ich auf Bookstagram. Eine herzliche, sehr aufgeschlossene Community, die eben ihre eigenen Regeln hat. Und diese Regeln musste ich erst einmal begreifen.

 

Seit der Flüchtlingskrise lesen wir es überall: Mehr Integration! Die Fremden müssen sich unseren Gesetzen anpassen! Sonst sollen sie gefälligst dahingehen, wo sie hergekommen sind … Als Autorin, die Bookstagram betritt, bin ich eine Fremde in einer vollkommen anderen Gesellschaft. Es ist logisch, dass ich die Gepflogenheiten dieser Gesellschaft respektieren und ihre Sprache lernen soll. In Deutschland wird Deutsch gesprochen. Bei Bookstagram – Emoji-deutsch.  

Leute, ist das nicht vollkommen einleuchtend? Ich habe nie Englisch gelernt, weil ich mit dieser Sprache überhaupt nichts anfangen kann. Was würdet ihr nun sagen, wenn ich nach England fahre und von meinem hohen Ross aus Weisheiten in Deutsch (oder Russisch) verbreiten und erwarten werde, dass mir begeisterte Engländer in Scharen folgen?

 

Ihr merkt es schon … (Augenverdreh-Smiley)

 

Mit anderen Worten: Wenn ich als Autor die Sozial-Media-Netzwerke für Online-Marketing nutzen möchte, muss ich meine Zielgruppe kennen. Wenn sie Emoji-deutsch spricht, dann muss ich das gefälligst auch lernen. Niemand verlangt, dass ich das ohne Akzent tue oder etwas mache, was mir total widerstrebt. Aber in einer Gemeinschaft muss ich mich dieser Gemeinschaft anpassen, wenn ich dort sein möchte – oder eben da bleiben, wo der Pfeffer wächst.

 

Ich bin erst seit zwei Monaten bei Bookstagram und noch sehr grün hinter den Ohren. Ich muss unglaublich viel lernen. Aber bereits in diesen zwei Monaten habe ich mehr über meine Zielgruppe erfahren als in all den Jahren davor. Was mir das bringt? Ob sich das auf die Buchverkäufe auswirkt? Ich weiß es nicht. Ich hoffe es. Wir werden es sehen, mehr kann ich zur Zeit nicht sagen.

 

Ich bedanke mich für eure Aufmerksamkeit. Oder, wie ich es bei Bookstagram ausdrücken würde: Ihr Süßen, toll, dass ihr diesen langen Beitrag gelesen habt! Ich wünsche euch allen noch einen wunderschönen Tag! Herzchen. Küsschen. Smiley. (Und das kommt wirklich vom ganzen Herzen. Echt jetzt.)

 

Vielen Dank, Olga, für diese erhellenden Gedanken! Dieser Beitrag ist aus einem Gespräch entstanden, das wir über meinen Artikel Die Emoji-Falle geführt haben. (gepostet: 17.6.2018)