Tomb Raider (Filmstart: 15.3.2018)

Quelle: www.eventcinemas.co.nz
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Womöglich bin ich der einzige schreibende Kinozuschauer, der die „Tomb Raider“-Filme mit „Angie“ (die Schauspielerin, nicht die Kanzlerin) nicht kennt. Aber anstatt jetzt hektisch zu recherchieren, nehme ich das einfach mal als eine Tugend und bemühe mich, den Film als eigenständiges Machwerk zu behandeln. Die bisherigen Kritiken stehen dem neuen "Tomb Raider" an sich zwar eher skeptisch gegenüber, betonen aber vielfach, dass die Figur der Lara Croft in der Darstellung der schwedischen Oscar-Gewinnerin Alicia Vikander im Vergleich zu ihrer Vorgängerin gewonnen hat: mehr Leben, mehr Glaubwürdigkeit, mehr Authentizität, dafür weniger Pin-Up. Allerdings haben wir es hier mit dem Stoff um die Archäologin/Grabräuberin auch mit einem Phänomen zu tun, dass vielen weiteren Computerspiele-Filmen den Weg geebnet hat, erfolgreich zu werden. Man denke nur an „Resident Evil“. Somit darf man spätestens mit dieser Wiederaufnahme (ein wirkliches Remake ist es nicht) von einem Klassiker des modernen Kinos im 21. Jahrhundert sprechen.

 

Lara Croft ist eine bescheidene junge Frau, die in einfachen Verhältnissen in London lebt, in ihrer Freizeit boxt und ansonsten ihre Brötchen als Fahrradkurierin verdient. Unfreiwillig ist ihre Situation allerdings nicht, denn sie könnte den Riesenkonzern ihrer Familie erben, wenn sie endlich dokumentarisch bestätigen würde, dass ihr seit sieben Jahren verschwundener Vater tatsächlich tot ist. Als Lara wegen eines illegalen Fahrradrennens verhaftet wird, legt ihr die Konzernchefin Ana Miller nahe, dies doch endlich zu tun. Bei der Durchsicht des privaten Nachlasses ihres Vaters stößt sie auf ein Rätsel, das sie in sein geheimes Büro führt, wo er zu Lebzeiten Forschungen zum Mythos der japanischen Königin Himiko angestellt hat. Obwohl ihr Vater sie in einer letzten Videobotschaft auffordert, alles zu verbrennen, begibt sich Lara nach Hong Kong, um sich von da aus auf die Suche nach der legendären Grabstätte der Königin zu machen.

 

Den Kritiken zu Vikanders schauspielerischer Leistung kann ich nur zustimmen. Lara Croft ist kein fleischgewordener Avatar, sondern eine Figur mit Stärken, Schwächen, Ängsten und Sehnsüchten. Wenn man sieht, wie sie anfänglich die Widrigkeiten ihres Alltags weglächelt, ist man eigentlich schon auf ihrer Seite. Coole Sprüche sind weniger ihr Ding, als vielmehr Entschlossenheit und Emotionalität. Gerade die erste Stunde des Films ist in dieser Hinsicht sehr unterhaltsam und tröstet über einige Dialogschwächen gegen Ende hinweg („Lara, das kannst du nicht schaffen“ – „Du hast mir beigebracht, dass man niemals aufgeben soll“, puuuh). Das Drehbuch mag nicht oscarreif sein, aber eine wirkliche Schwäche ist es auch nicht, zumal der Twist am Ende durchaus neugierig auf mehr macht. In der Mischung aus Action mit humoristischem Anstrich reckt und streckt sich „Tomb Raider“ Lara Croft tatsächlich so weit, dass sie zumindest an die Zehenspitzen des großen „Raider of the lost ark“ heranreicht.  

 

Irgendwie ist es echt schön! Fast 30 Jahre nachdem ich als Pre-Teenager im Kino „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ gesehen habe, wird endlich mal wieder ordentlich gerätselt und gegruftet. Und ich muss sagen, ich sehe mir lieber noch drei Filme mit Vikander als Lara Croft an, als einen mit Shia LaBeouf als jungen Indie, wie es im „Kristallschädel“ angedeutet wurde. Wenn man in Zukunft die Schwächen im Drehbuch noch ein wenig ausgleicht, könnte aus dem ersten virtuellen Pin-Up tatsächlich noch eine gute Figur mit echtem Tiefgangpotential werden. Und warum nicht? Batman hat es dank der Nolans ja schließlich auch geschafft. (gepostet: 21.3.2018)