Ich muss zugeben, dass mir die „Ocean’s“-Reihe nie sonderlich gut gefallen hat. Die Neuverfilmung des Klassikers „Frankie und seine Spießgesellen“ aus den 60er Jahren kam mir einfach immer zu aufgesetzt vor. Die Art wie George Clooney, Matt Damon, Andy Garcia, Brad Pitt und die anderen obercoolen Gangster durch den Film scharwenzelten, ging mir schnell auf den Zeiger und wenn am Ende dann bei der großen Auflösung herauskommt, dass sie noch cooler, noch gewitzter und noch erhabener über alles sind, als man ohnehin schon im ganzen Film gesehen hat, war ich erheblich genervt. Muss das aber einem Spin-Off, in dem es um Debbie Ocean, der Schwester des legendären Gangsters Danny Ocean geht, zwangsläufig genauso sein? Nachdem ich den Trailer gesehen habe, wollte ich dem Film zumindest eine Chance geben. War gar nicht so einfach, denn die ersten Vorstellungen nach dem Start waren alle nahezu ausverkauft. Aber gestern Abend habe ich dann doch noch einen schönen Platz im meinem Lieblingssaal, Kino 5 des Bochumer UCI, bekommen.
Debbie Ocean (Sandra Bullock) bekommt Bewährung und darf Gefängnis verlassen, in dem sie jahrelang auf Grund eines Verrats ihres Ex-Freundes gesessen hat. Lange hat sie auf diesen Moment gewartet, denn die Zeit hat sie genutzt, um sich den ultimativen Plan für das perfekte Verbrechen auszudenken, das sie ein für alle Mal aller finanziellen Sorgen entledigen soll. Hierfür nimmt sie Kontakt mit ihren alten Freundinnen auf: Lou (Cate Blanchett), die ihre Brötchen mit gepanschtem Alkohol verdient, und die betrügerische Juwelierin Amita (Mindy Kaling, zuletzt bereits als Mrs. Who in Das Zeiträtsel zu sehen). Debbie unterbreitet ihnen, dass sie eine 150 Millionen Dollar teure Cartier-Kette stehlen will. Die Schauspielerin Daphne Krüger (Anne Hathaway) soll dazu gebracht werden, sie auf der „Met-Party“ zu tragen, dem hochdekoriertesten Event in den ganzen USA. Hierfür brauchen die Frauen weiterhin Hilfe von der abgehalfterten Designerin Rose (Helena Bonham Carter), der Hackerin Eight Ball (Rihanna), der Taschendiebin Constance (Awkwafina) und der Hehlerin Tammy (Sarah Paulson, bekannt aus „American Horror Story“). Mit viel Witz, Geschick und einer gehörigen Portion Dreistigkeit planen sie diesen Mega-Coup und Debbie hat noch einiges mehr vor, als sie ihren Mitstreiterinnen eingangs eröffnet. Denn das gebietet die Familienehre der „Oceans“.
Die Aufzählung der Hauptdarstellerinnen allein ist schon beeindruckend. Doch neben diesem Joint Venture an Hollywood-Stars kommen noch um die 50 Cameo-Auftritte, z. B. von Kim Kardashian oder Heidi Klum hinzu, die den Film zu einem wahren Face-Overkill werden lassen. Man könnte denken, dass darunter die Handlung leidet. Doch zum Glück ist das nicht so. Die Rollen sind zum Glück gut auf die einzelnen Darsteller zugeschnitten und sie sind nicht alle obercool. Helena Bonham Carter als durchgeknallte Modedesignerin hat ebenso ihren Reiz wie Sarah Paulson mit ihrer hintergründigen Angespanntheit, Rihanna und Awkwafina versprühen rotzigen Teenie-Charme, Mindy Kaling scheint irgendwie noch die Vernünftige zu sein und lediglich Sandra Bullock und Cate Blanchet haben diese kalte Leck-mich-am-Arsch-Aura gestandener Gangster-Ladies. Hinzu gesellt sich die divenhafte Anne Hathaway, so dass im Ganzen durchaus Unterhaltung in der Konfrontation dieser unterschiedlichen Charaktere aufkommt. Die glitzernde Modewelt um Cartier und der Zeitschrift Vogue, der Glamour der Party, in der sich die Stars die Klinke in die Hand geben, alles passt und umgibt den Film mit einer Atmosphäre, die seinen eigentlichen Reiz ausmacht. Wer die Oceans-Filme kennt, wird von der Handlung nicht weiter überrascht sein, aber das wird wohl auch kaum erwartet.
Somit macht vor allem der Cast den Film sehenswert. Ich persönlich mag es, mir solche Filme im Kino anzusehen, denn Hollywood ist nun einmal Kino und diese Gesichter gehören einfach auf die große Leinwand. Mir hat er gefallen, weil er mich gut unterhalten hat, total geflasht war ich allerdings auch nicht. Aber zumindest würde ich mich auf einen eventuellen „Ocean’s 9“ mehr freuen, als auf die Fortsetzungen der männlichen Pendants. Denn die Frauen machen in diesem Fall ihre Sache tatsächlich wesentlich besser als die Männer. Ob ich davon überrascht war oder nicht, behalte ich aus politischen Gründen nun einfach mal für mich. (gepostet: 24.6.2018)