Enkel für Anfänger (Start: 6.2.2020)

Quelle: www.filmstarts.de
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Wenn es nach dem Trailer geht, könnte „Enkel für Anfänger“ durchaus sehr amüsant sein. Rentner, die auf Enkel treffen, die ihnen zugeteilt worden sind. Schrullige Eingefahrenheit gegen vernachlässigungsbedingte Orientierungslosigkeit – also das war meine Interpretation nach einigen Durchläufen, denn den Trailer habe ich immer gerne gesehen. Aber deutsche Komödien, na gut, da darf man durchaus die Erwartungen runterschrauben. Gibt gute, aber es ist auch oft ein Schlag ins Wasser. Egal, einfach mal ansehen.

 

Wir haben da drei Rentner: Karin (Maren Kroymann) ist eine Ehefrau, deren Mann nur Eisenbahnen und Roboterrasenmäher im Kopf hat und für den „das Leben genießen“ am besten im heimischen Sessel funktioniert. Doch Karin erwartet mehr. Gerhard (Heiner Lauterbach) ist ein homosexueller Multi-Wittwer (sein Mann UND zwei Hunde starben) und ergeht sich in Selbstmitleid. Philippa (Barbara Sukowa) ist ein Wohnwagen-Hippie, die sich regelmäßig als „Leih-Oma“ mit Kindern spießiger Eltern amüsiert, wie jüngst die kleine Leonie, deren Eltern beide astreine Helikopter sind. Angestachelt von ihrem Beispiel gehen Karen und Gerhard zu der Enkel-Agentur. Karen bekommt den jungen Jannick (Julius Weckauf), dessen Eltern kaum Zeit für ihn haben, ihn aber für hyperaktiv und schwierig halten. Gerhard bekommt Viktor, den Sohn einer allein erziehenden Russin (Palina Rojinski), die verzweifelt Männer datet, um einen Vater für ihren Sohn zu finden. Und wohl spüren es alle schon sehr früh: Nichts wird mehr so sein, wie es vorher war.

 

Ich muss die Zusammenfassung einfach einmal hier stoppen, denn entgegen erster, eher mittelmäßiger Kritiken, die ich gelesen habe, muss ich sagen: Ich finde diesen Film richtig gut!!! Dies ist eine deutsche Komödie, die alles hat, was ich gewöhnlich so an den französischen liebe. Sie geht leichtfüßig mit einem heiklen Thema um, die Figuren sind bis in die Haarspitzen schrullig und liebenswert und nicht zuletzt: Ihre Kombination an und für sich ist schon ein unversiegbarer Quell an interessanten Geschichten. Es muss gar nichts weiter passieren, sie müssen sich einfach nur begegnen. Ich habe in diesem Film einige Tränen vergossen, ein paar vor Rührung, aber den Großteil einfach vor Lachen.

 

Im Grunde kann man den Film in drei Phasen einteilen. In der ersten bekommt die heutige Generation, also die zwischen Enkeln und Großeltern, den Spiegel nicht nur vorgehalten, sie bekommt ihn liebevoll und sehr witzig voll in die Fresse! Die zweite Phase ist bestimmt von der Selbstreflektion der Alten, die durch das tägliche Leben mit den Leihenkeln selbst zu allerlei Gedanken angestachelt werden, die mit ihrem eigenen Leben, mit Träumen und verpassten Chancen zu tun haben. In der dritten Phase schließlich machen die Alten mit den gesellschaftlichen Grenzen Bekanntschaft, die sie früher selbst gesteckt haben und die nun durch „ihre Kinder“ aufrechterhalten werden. Jede dieser Phasen ist vollgepackt mit durchaus feinsinnigem Humor, tollen, spannenden Beziehungen und auch einige rührenden Szenen. Ich will keine hier rezitieren, da sie die Vorstellung von dem Film vielleicht in eine falsche Richtung lenken.

 

So kann ich sagen, dass „Enkel für Anfänger“ ein Film ist, den ich absolut jedem empfehlen kann. Ein tolles Drehbuch, sehr gute Schauspieler und ein Thema, das einfach jeden angeht, fusionieren hier zu einer Geschichte, die Herz und Seele eine hundertminütige Massage verpasst. Manchmal ist sie angenehm, manchmal tut sie auch weh, aber hinterher fühlt man sich erleichtert. Bitte, bitte, macht mehr Komödien dieser Sorte und lasst den Rest einfach schweige(r)n. (gepostet: 16.2.2020)