Die Känguru-Chroniken (Start: 5.3.2020)

Als kleiner Science Slammer, der ich bin, den gefeierten und mehrfach ausgezeichneten Autor Marc-Uwe Kling als „Kollegen“ zu bezeichnen, klingt vielleicht zunächst etwas vermessen. Doch weiß ich um den inspirierenden Zauber von Kurzvortrag-Wettbewerben auf Bühnen und die „Känguru-Chroniken“, Klings Mega-Erfolg, sind einfach in ihrem ganzen Wesen für den Poetry Slam gemacht und ebenso aus ihm entstanden, da bin ich mir sicher. Insofern freue ich mich über den Erfolg, auch wenn seine Bücher nicht unbedingt so mein Ding sind. Slammer schaffen es häufiger in die Bestsellerlisten, aber nun ist das erste Mal auch ein Kinofilm aus diesem Phänomen entstanden. Den musste ich mir natürlich ansehen.

 

Der erfolg- und antriebslose Kleinkünstler Marc-Uwe Kling (Dimitrij Schaad) wird aus seinem verschlafenen Berliner Kiezleben herausgerissen, als ein kommunistisches Känguru (gesprochen von Marc-Uwe Kling selbst) bei ihm einzieht. Dieses Tier redet viel und schlägt auch gerne einmal zu, womit er den beiden Probleme mit der örtlichen Nazigilde einhandelt. Als dann auch noch der stinkreiche Investor Jörg Dwigs (Henry Hübchen) mit seiner intriganten Frau Jeanette (Bettina Lamprecht) und seiner Partei „AzD“ (Alternative zur Demokratie) auftaucht, um das Viertel abzureißen, müssen sich alle enorm anstrengen, um ihre Existenz zu retten. Aber zum Glück gibt es das Känguru und das von ihm gegründete „Asoziale Netzwerk“.

 

Da ich die Bücher nicht gelesen habe, konnte ich mir nur einen kurzen Überblick darüber verschaffen, inwiefern der Film die Geschichten adaptiert. Mein Eindruck ist, dass wirklich einiges aus allen vier „Känguru-Büchern“ in den Film mit eingeflossen ist. Der Einzug des Kängurus, die Nazis, Figuren wie Friedrich Wilhelm und Otto von, der Psychiater und sogar „Gott“, die im vierten Buch auftaucht, hat eine entscheidende Rolle unter dem Namen Maria mit ihrem Sohn Jesus. Im Unterschied zu den Büchern verfolgt der Film allerdings auch eine größere Handlungslogik, was sicherlich keine schlechte Idee ist. Auf diese Weise steht er ein wenig in der Tradition anderer Kino-Erstlingswerke von Komikern. Den Film ganz neben die Geniestreiche von Ottos, Loriots oder Bullys ersten Film zu stellen, halte ich zwar für übertrieben, aber ohne Zweifel haben die „Känguru-Chroniken“ ihren Charme, ebenso eine Menge Witz. Vom künstlerischen Aspekt aus, der Verfilmung eines Buches aus dem Kabarett-Bereich, ist da schon einiges richtig und an seinem Platz.

 

Allerdings muss man mit dem seichten, linksintellektuellen Humor auch etwas anfangen können. Der hat in dem Film seine genialen Momente, keine Frage. In dieser Hinsicht sind für mich die „vollintegrierten“ Türken Friedrich Wilhelm und Otto von ein echter Hit. Aber so wirklich kritische, politische Satire, wie die Medien es häufig über die Bücher schreiben, sehe ich in dem Film nicht. Kling ist eben kein Böhmermann, muss er nicht sein, will er auch nicht. Aber entsprechend ist seine Kritik auch recht harmlos, unverbindlich und größtenteils enorm mehrheitsfähig.

 

Daher verzeihe man mir, wenn ich „Die Känguru-Chroniken“ einfach als Komödie sehe. Als solche hatte ich 90 Minuten Spaß mit ihr und sah die Umsetzung einer erfolgreichen Buchreihe durch den Autor, die mit viel Liebe, Spaß und Umsicht gemacht wurde. Kann sich eigentlich jeder ansehen, der Lust auf ein wenig kabarettistischen Klamauk im besten Sinne hat. Und als Science Slammer warte ich weiterhin auf die erste Verfilmung eines dieser Bücher, möglicherweise Giulia Enders' „Darm mit Charme“, das wäre doch interessant. (gepostet: 12.3.2020)