Joker (Filmstart: 10.10.2019)

Quelle: www.filmstarts.de
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Ein Film über den Joker, Batmans Nemesis und Gotham City’s genialsten Verbrecher. Das klang für mich schon in den ersten Bildern des Trailers nach einem Kracher. Erfuhr man bei Burton nur wenig, bei Nolan eigentlich gar nichts über seine Hintergründe, würde nun endlich einmal gezeigt werden, was diesen Magier des Chaos eigentlich zum Ticken bringt. Wochen-, ja monatelang habe ich auf „Joker“ gewartet, gestern gab es die Vorpremiere im UCI Duisburg. Voller Aufregung ging ich hinein und kam mit einem schwer zu definierenden Gefühl wieder heraus.

 

Was die Handlung angeht: Wir schreiben das Jahr 1981, in Gotham City streikt die Müllabfuhr und die Stimmung innerhalb der Bevölkerung wird zunehmen aggressiver. Mittendrin bewegt sich Arthur Fleck, ein Mann von vielleicht Ende 20, der in einem schäbigen Wohnbunker zusammen mit seiner debilen Mutter haust und sich sein Geld mit Auftritten als Clown verdient. Er sei geboren, um Menschen Freude und Lachen zu bringen, hat ihm seine Mutter immer gesagt. In Wahrheit hat er eine Psychose, dank der er oft an den unpassendsten Stellen lachen muss und sich damit immer wieder Ärger einhandelt. Dadurch wird er häufig zum Opfer von Überfällen, Mobbing, Spott und Benachteiligung. So werden ihm Stück für Stück auch die letzten kleinen Freuden seines Lebens genommen, bis er schließlich zum Äußersten greift.

 

Soviel Story lässt sich schon aus dem Trailer entnehmen und man kann es auch dabei belassen. Bis auf einen Fun-Fact vielleicht: Das Gotham City, das uns hier präsentiert wird, ist die Stadt von Thomas Wayne, „Batmans“ Vater. Dies hat natürlich Konsequenzen für die Handlung und hält die Verbindung zwischen der Joker-Story und den Batman-Geschichten aufrecht. Aber wie gut ist dieser Film eigentlich? Das nicht zu definierende Gefühl, das ich beim Rausgehen aus dem Kinosaal hatte, war zunächst Begeisterung und dann auch ein wenig Enttäuschung. Ich glaube man kann das ganz gut in drei Punkte, zwei positive und einen negativen, zusammenfassen.

 

Erster positiver Punkt: Wer ins Kino geht, um endlich mehr über den Joker zu erfahren, wird eigentlich nicht enttäuscht werden. Ein spindeldürrer Joaquin Phoenix grinst, lacht, windet und opfert sich durch die ca. zwei Stunden Spielzeit und man bekommt jede Menge von der Welt mit, mit der er sich herumschlagen muss. Mit seiner psychischen Krankheit hat er keine Chance, sich  nachhaltig zu behaupten. Er will eigentlich nur ein toller Sohn für seine Mutter und ein Stand-Up-Comedian sein. Ersteres gelingt ihm, letzteres nicht, und beides macht ihn irgendwie zum Verlierer, denn seine Mutter, die einen Bittbrief nach dem anderen an Thomas Wayne schreibt und nur über den Milliardär spricht, ist nur leidlich liebevoll und sagt selbst, ihr Sohn sei nicht lustig. Nein, in dieser Welt würde jeder verrückt werden.

 

Zweiter positiver Punkt: Für mich ist das Stärkste an dem Film, dass er Gotham City einmal aus der Sicht eines Menschen aus der Arbeiterschicht zeigt. In allen Batman-Filmen sind die Verbrecher die Bösen, hier zeigt sich, dass es auch schwere soziale Probleme gibt, die Oberschicht sich hinter ihren Zäunen verschanzt und ebenso zu Gewalt und Misshandlungen neigt. „Wenn ich tot im Straßengraben liegen würde, würdet Ihr alle über mich drübersteigen“, sagt Arthur Fleck sinngemäß und das trifft zu. Hat Nolan schon Batman vom strahlenden Superhelden zum innerlich zerrissenen Menschen gemacht, so geht dieser Film ähnlich mit Gotham City vor. Diese Perspektive ist enorm interessant und reizvoll.

 

Letzter, negativer Punkt: Regisseur Todd Phillips ging offenbar mit dem Anspruch an die Sache, aus einer Geschichte um einen Comic-(Anti-)Helden eine Art sozialpsychologisches Drama zu machen. Er engagierte mit Joaquin Phoenix einen Charakterdarsteller, der auch alles für die Rolle gab, inklusive Abmagerungskur und fast schon fies kurz geschnittener Fingernägel. Auch die Transformation von Arthur Fleck zum Joker gelingt ganz gut und sorgt für einige sehr schöne Heath-Ledger-Momente. Das Problem an der Sache ist: das Drehbuch lässt eine umfangreiche Charakterisierung des genialen Verbrecherhirns einfach nicht zu. Arthur Fleck bleibt im Grunde in seinem Wesen recht zweidimensional. Er ist eben geistig behindert, seine Gewaltausbrüche sind spontan, nachvollziehbar zwar, aber machen keinen nachhaltigen Eindruck auf sein Wesen. Der Zuschauer sieht den Joker in seiner Welt, aber damit nicht zwangsläufig die Welt durch die Augen des Jokers. Seine Motive werden zwar offengelegt, seine Entwicklung aber findet nur im Wechselspiel zwischen psychischer Qual und hysterischem Lachen statt.

 

So hat „Joker“ zwar meine durchaus hohen Erwartungen, aber nicht meine Hoffnungen erfüllt. Der Film ist unterhaltsam, an sich auch gut gemacht und ich würde ihm jedem empfehlen, der nach „Batman vs. Superman“ und „Justice League“ mal wieder eine psychologischere Variante der Geschichten in Gotham-City sehen möchte. Aber leider fehlt nach hinten heraus ein wenig die Genialität, sowohl beim Joker als auch beim ganzen Film. Doch würde ich bei diesem Urteil eine Einschränkung machen. Die Handlung lässt durchaus Raum für einen zweiten Teil. Sollte der dann die Lücken im ersten aufgreifen, könnte es doch noch genial werden. Denn das Potential dazu ist eigentlich vorhanden. Ich bin gespannt. (gepostet: 10.10.2019)