Ghostland (Filmstart: 5.4.2018)

Mit „Ghostland“ hat der französische Regisseur und Drehbuchautor Pascal Laugier den Rezensenten dieser Welt ein ganz besonders Ei in Nest gelegt. Und das in der Woche nach Ostern. Vor zehn Jahren lief sein Film „Martyrs“ erst gar nicht in den deutschen Kinos an. Zu gewalttätig. Im Vorfeld war „Ghostland“ bereits in die Schlagzeilen geraten. Taylor Hickson, eine der Hauptdarstellerinnen, verklagte die Produktionsfirma, weil sie während der Dreharbeiten durch eine Glasscheibe krachte und nun die Narbe einer mit 70 Stichen genähten Wunde im Gesicht hat. Und jetzt muss die schreibende und You-Tube-Videos drehende Zunft der Kinogänger sind mit der Frage herumschlagen: Wie schreibe ich etwas über diesen Film, ohne den Effekt, den er beim Zuschauer auslöst, im Vorfeld zu verderben? Auf meiner Suche nach Inspiration dazu stieß ich bei ntv.de auf eine Rezension mit dem Titel „Willkommen in Rob Zombies Haus“. Ja, so könnte man es bezeichnen. Denn auch der Film gibt am Anfang diesen Hinweis.

 

„Das sieht hier ja aus wie bei Rob Zombie“ – mit diesem Satz fasst die junge Beth Keller (Emilia Jones) ihren Eindruck zusammen, den sie bei der Ankunft in ihrem neuen Zuhause hat, das sie nun mit ihrer Mutter Pauline (Mylene Famer) und ihrer Schwester Vera (Taylor Hickson) bewohnen soll. Es gehörte ihrer verstorbenen Tante, die offenbar eine besonders makabre Vorliebe für Puppen und seltsame Artefakte hatte. Doch das hätte die kleine Familie wohl mühelos weggesteckt, wenn sie nicht gleich in der ersten Nacht von zwei in einem Süßigkeitenwagen umherfahrenden Psychopaten überfallen worden wäre, die die Eltern von Jugendlichen töten und die Jugendlichen zwingen, dann mit ihnen und den Leichen ihrer Eltern im Haus zu wohnen. Ein über alle Maßen traumatisierendes Erlebnis. Jahre später ist Beth eine gefeierte Horror-Autorin. Als sie einen Hilferuf von ihrer Schwester Beth bekommt, die immer noch mit der Mutter in jenem Haus lebt, fährt sie zurück und muss feststellen, dass die Vergangenheit dort immer noch sehr lebendig ist.

 

Mehr sollte man nicht wissen. Rezensenten, wie der von mir sehr geschätzte You-Tuber Robert Hofmann, attestieren dem Film äußerste Spannung mit zu flachen Charakteren. Ntv.de schreibt „direkt, intensiv, schwer verdaulich“ – ein Film, nachdem man minutenlang noch paralysiert im Kinosessel sitzt oder sofort aufs Klo rennt, um sich zu übergeben. Ich persönlich kann sagen: Ich habe in letzter Zeit selten im Kino einen spannenderen Film gesehen. Während sich die meisten Filme dieses Genres mit simplen Jump-Scare-Geisterbahn-Effekten begnügen, nach denen man ein, zwei Nächte beim nächtlichen Gang zum Kühlschrank das Licht anschaltet, fräst sich „Ghostland“ tatsächlich tief in den Kopf ein. Rob Zombie hätte seine wahre Freude an dem grotesken Szenebild, das die beiden Psychopathen mit ihrem Auftreten erzeugen. Zudem finde ich, im Unterschied zu anderen Rezensenten, die Gewaltszenen nicht einmal so verstörend, vielmehr drückt sich das Ausmaß der Folter eher in der Maske, also in den Blessuren aus, die an Gesicht und Körper der Opfer zu sehen sind. Das macht das Erlebnis umso intensiver, denn welche Qualen dieser Familie wirklich angetan werden, bleibt so lange der von der Horroratmosphäre umzingelten bösen Vorahnung des einzelnen Zuschauers überlassen.

 

Der Film geht ab FSK 16 raus und läuft am Samstagabend um 20:30 Uhr – Respekt. Für schwache Nerven ist er mit Sicherheit nicht gedacht. Aber wer einen bis zum Zerreißen spannenden Film sehen will, der ordentlich Überraschungen birgt und eine gehörige Portion psychologisches Geschick besitzt, der kann mit „Ghostland“ nicht viel falsch machen. Das „Haus der 1000 Leichen“ hat eine kleine Schwester bekommen. Und sie ist nicht weniger böse! Also, um es mit Mister Zombies Worten zu sagen: „Happy Halloween, Motherfuckers!“ (gepostet: 8.4.2018)